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dergleichen Forderungen zwar vor dem Gantgerichte bei Strafe der Ausschließung anzugeben sind, und in das Lokations-Erkenntniß am gehörigen Orte eingereiht werden, die Hauptliquidation der Forderung aber vor dem Gerichte, wo sie angefangen, bis zum Schlusse fortgesetzt wird, wobei dem Gläubiger oder Contradiktor unbenommen ist, zu interveniren.

Ist der Streit über besonders verhandelte Forderungen zur Zeit der Fassung des Gant-Urtheils noch nicht beendigt, so wird dieselbe in diesem eventuell locirt.

§. 4. Rücksichtlich der Rangordnung der Gläubiger entscheiden die an dem Orte des Gantgerichts geltenden Gesetze ohne irgend einen Unterschied zwischen in- und ausländischen Gläubigern. Was jedoch die auf unbeweglichen Gütern haftenden Hypotheken-Forderungen betrifft, so werden solche nach den Gesetzen des Gerichtsstandes der gelegenen Sache beurtheilt.

Dasselbe gilt von den jure separationis kommenden Ansprüchen auf im Besitze des Gemein-Schuldners befindliche unbewegliche Grundstücke – wohin auch die Ewiggeld-Renten in München gehören – so wie hinsichtlich der Nothwendigkeit, solche Ansprüche bei dem Concurs-Gerichte anzumelden.

§. 5. Wenn eine bewegliche Sache sich als Pfand in Händen eines Gläubigers befindet, so soll derselbe befugt sein, sein Recht an dem ihm verhafteten Gegenstande vor dem Richter und nach den Gesetzen desjenigen Staates, wo dieser Gegenstand sich befindet, geltend zu machen.

Ergibt sich nach Befriedigung des Gläubigers ein Überschuß, so muß derselbe an den Richter, wo der allgemeine Concurs anhängig ist, zur Verwendung für Befriedigung der übrigen Gläubiger abgeliefert werden.

Reicht hingegen der Erlös aus dem verhafteten beweglichen Gegenstande zu voller Befriedigung des Faustpfand-Gläubigers nicht hin, so wird dieser mit dem Reste seiner Forderung an das allgemeine Concurs-Gericht verwiesen, um, wenn ihm die Rechtskraft des ertheilten Präclusiv-Bescheides nicht entgegensteht, daselbst mit den übrigen Gläubigern, jedoch in der geeigneten Klasse derselben, zu concurriren.

§. 6. In Fällen, wo auf Arrest erkannt wird, soll, sobald der Richter des Arrestes von dem ausländischen Richter des Wohnortes beurkundende Nachricht erhält, daß über den Schuldner bereits entweder die formelle Gant erkannt worden, oder sich derselbe wenigstens im Stande des materiellen Concurses befindet, der die Eröffnung des formellen unvermeidlich macht, der Arrest aufgehoben, und die Forderung des Arrestimpetranten au das Gantgericht verwiesen werden.

§. 7. Die Bestimmungen der gegenwärtigen Übereinkunft kommen jedoch im Königreich Bayern nur in den sieben älteren Kreisen und mit Ausschluß des Rheinkreises in Anwendung.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Staats-Verträge des Königreichs Bayern von 1806 bis 1858. Regensburg: Friedrich Pustet, 1860, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Staats-Vertr%C3%A4ge_des_K%C3%B6nigreichs_Bayern_von_1806_bis_1858.pdf/55&oldid=- (Version vom 11.12.2022)