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Jeanne-Marie Leprince de Beaumont, Johann Joachim Schwabe: Die Schöne, und das Thier

Schöne dankete dem guten Thiere wegen seiner Aufmerksamkeit. Sie nahm denjenigen von den Röcken, der am wenigsten kostbar war, und sagete zu der Magd, sie sollte die andern einschließen, sie wollte ihre Schwestern damit beschenken. Kaum hatte sie aber diese Worte ausgesprochen, so verschwand der Kuffer. Ihr Vater sagete zu ihr, das Thier wollte, sie sollte alles das für sich behalten: und sogleich kamen die Röcke und der Kuffer wieder an eben den Ort.

Die Schöne kleidete sich an, und währender Zeit wurde es ihren Schwestern gemeldet, welche mit ihren Männern herzu eileten. Sie waren alle beyde sehr unglücklich. Die älteste hatte einen Edelmann geheurathet, der so schön war, als die Liebe: er war aber in seine eigene Gestalt so verliebt, daß er sich nur damit vom Morgen an bis auf den Abend beschäfftigte, und die Schönheit seiner Frau verachtete. Die zweyte hatte einen Mann geheurathet, welcher viel Witz besaß: er bedienete sich dessen aber nur, alle Welt toll zu machen und seine Frau zu allererst. Die Schwestern der Schönen wollten vor Schmerzen fast sterben, als sie solche wie eine Prinzessinn gekleidet und schöner, als den Tag, sahen. Sie mochte sie liebkosen, wie sie wollte; nichts konnte ihre Eifersucht ersticken, welche sehr zunahm, als sie ihnen erzählet hatte, wie glücklich sie wäre.

Diese beyden eifersüchtigen Schwestern giengen in den Garten, um daselbst nach ihrer Bequemlichkeit zu weinen, und sie sageten zu einander: „Warum ist diese kleine Creatur glücklicher, als wir? Sind wir nicht liebenswürdiger, als sie?“

„Meine liebe Schwester, sagete die älteste, es fällt mir etwas ein. Wir wollen uns bemühen, sie länger,

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Jeanne-Marie Leprince de Beaumont, Johann Joachim Schwabe: Die Schöne, und das Thier. Weidmann, Leipzig 1767, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Sch%C3%B6ne,_und_das_Thier._Ein_M%C3%A4rchen.pdf/19&oldid=- (Version vom 4.8.2020)