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Jeanne-Marie Leprince de Beaumont, Johann Joachim Schwabe: Die Schöne, und das Thier

sehr theuer zu stehen kommen;“ und darauf erzählete er seiner Familie die klägliche Begebenheit, die ihm begegnet war.

Bey dieser Erzählung erhoben seine beyden ältesten Töchter ein großes Geschrey, und schimpfeten und schmäheten auf die Schöne, welche nicht weinete. „Da sieht man, was der Hochmuth dieser kleinen Creatur hervorbringt, sageten sie. Warum verlangete sie keine Kleidungen, wie wir? Aber nein, Mademoiselle wollte etwas besonders haben. Sie wird unserm Vater den Tod verursachen; und sie weinet nicht einmal.“

„Das würde sehr unnütz seyn, erwiederte die Schöne. Warum sollte ich den Tod meines Vaters beweinen? Er wird nicht umkommen. Weil das Ungeheuer eine von seinen Töchtern annehmen will, so will ich mich allein seinem Grimme überliefern; und ich halte mich für sehr glücklich, weil ich bey meinem Tode die Freude haben werde, meinen Vater zu retten, und ihm meine Zärtlichkeit zu beweisen.“

„Nein, meine liebe Schwester, sageten ihre drey Brüder zu ihr, du sollst nicht sterben; wir wollen das Ungeheuer aufsuchen, und unter seinen Klauen umkommen, wenn wir es nicht umbringen können.“

„Hoffet das nicht, meine lieben Kinder, sagete der Kaufmann zu ihnen; die Macht dieses Thieres ist so groß, daß mir keine Hoffnung übrig bleibt, es zu tödten. Ich bin über das gute Herz der Schönen sehr vergnügt: ich will sie aber nicht in den Tod geben. Ich bin alt; ich habe nur noch wenige Zeit zu leben: ich werde also bloß einige Jahre von einem Leben verlieren, welches ich nur eurentwegen bedaure, meine lieben Kinder.“

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Jeanne-Marie Leprince de Beaumont, Johann Joachim Schwabe: Die Schöne, und das Thier. Weidmann, Leipzig 1767, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Sch%C3%B6ne,_und_das_Thier._Ein_M%C3%A4rchen.pdf/10&oldid=- (Version vom 2.4.2020)