Seite:Die Schätze des Wahhabiten.pdf/8

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Seidenstoffs von hellgrüner, mit dunklen Streifen durchzogener Farbe.

Wie sie an diesen Ort gelangt war, blieb ewig ein Rätsel. Aber die Annahme Rings, es handle sich hier sicher um gestohlenes, wahrscheinlich von einem Karawanenüberfall herrührendes Gut, mochte wohl zutreffen.

„Ein merkwürdiger Fund“, meinte der Doktor. „Aber – er kommt mir recht gelegen. Ich habe in den letzten Nächten gefroren wie ein Schneider, seit die braunen Herrschaften da drüben sich meinen Burnus zwangsweise entliehen haben. Dieser Seidenstoff reicht ganz sicher für zwei Umhänge aus. Wenn wir ihn doppelt legen, wärmt er tadellos und hat noch dazu den Vorzug des geringen Gewichts.“ –

Ring nickte nur. Er fürchtete, die Beduinen würden ihnen die Seide doch wieder abnehmen. Hierin täuschte er sich aber. Der Bandit Ibrahim sorgte dafür, daß man sie ihnen beließ.

Aus dem Benehmen dieses gefürchteten Wüstenräubers war überhaupt schwer klug zu werden. Er behandelte die beiden Deutschen auch weiter mit großer Zuvorkommenheit, verlor nie mehr ein Wort über Kir Balis Geheimnis, sondern spielte ganz den Mann von Welt, der trotz seiner Hautfarbe etwas gelernt hat und auch viel natürliche Vornehmheit besitzt. Jedenfalls war er kein gewöhnlicher Wegelagerer, sondern übte sein strafwürdiges Gewerbe fraglos mit einem gewissen verfeinerten Empfinden aus – wenigstens tat er so den beiden weißen Gefangenen gegenüber. –

Drei Tage darauf wurde plötzlich aufgebrochen. Es ging wieder durch die Wüste nach Norden zu. Jetzt durften der Doktor und der Ingenieur ungefesselt ihre Dromedare benutzen. Über das Ziel des Rittes erfuhren sie jedoch nichts. Wieder jagte die Schar im Eiltempo durch die Sanddünen, über felsige Strecken, durch steinige Wadis (Wadi, trockenes Flußbett), wieder hörten die beiden Gefährten nachts die Schakale und Hyänen heulen und bellen, erlebten auch einen ungefährlichen Samum[WS 1], wurden Zeugen einer ergebnislosen Löwenjagd, bei der Ibrahim ben Garb eine wilde Tollkühnheit bewies.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Samum bezeichnet einen Sandsturm im nordafrikanisch-arabischen Raum.
Empfohlene Zitierweise:
W. Belka: Die Schätze des Wahhabiten. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Sch%C3%A4tze_des_Wahhabiten.pdf/8&oldid=- (Version vom 31.7.2018)