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zugebilligt, da die Nacht empfindlich kühl war. Dann machte er weiter seine Runde, wobei er ganz dicht an einer der Dattelpalmen vorbei mußte.

Es schien, als ob der Beduine hier plötzlich von einer unsichtbaren Gewalt zu Boden gerissen wurde, sich aber gleich darauf wieder aufrichtete und seinen Weg fortsetzte. – Seltsam: der Wächter, der doch soeben noch von mittelgroßer Statur gewesen war, schien mit einemmal[1] um einen vollen Kopf gewachsen zu sein … Und unter der Kapuze des braunen Burnus verbarg sich jetzt ein blondbärtiges Gesicht, das die heiße Sonne Arabiens freilich braunrot gebrannt hatte.

Diese Szene, die Überwältigung des Postens, hatten Ring und Wallner aus ziemlicher Nähe mit angesehen. Wenn sie überhaupt noch im Zweifel gewesen waren, ob die Fremden Gegner der Beduinen seien, hatten sie nun volle Gewißheit erhalten. Immerhin hielten sie es aber doch für ratsam, zunächst sich nicht in diese Dinge einzumischen, sondern abzuwarten, was weiter geschah.

Doch – eigentlich geschah nichts. Und das war recht seltsam. Links von der Stelle, wo Ring und der Doktor zwischen ein paar Felsbrocken versteckt lagen, glühte das Feuer vor dem Zelte Ibrahims. Vor ihnen befanden sich die übrigen Zelte, acht an der Zahl.

Eine halbe Stunde verging. Da stand der Engländer auf, reckte sich und deutete dann auf die Mondscheibe, die soeben hinter einem der kahlen Berge auftauchte und das Tal mit einem seltsam geisterhaften Licht erfüllte. Im Gegensatz zu der bisherigen halben Dunkelheit herrschte nun eine Beleuchtung, die an die kurz vor einem Gewitter erinnerte.

Dann kam urplötzlich mit einem Schlage wild bewegtes Leben in das Tal.

Ein gellender Warnungsruf aus einer Beduinenkehle ertönte. Um das Lager herum huschten Gestalten, erkletterten die Talwände. Die grasenden Dromedare jagten dem Ausgang zu, plötzlich durch irgend etwas in tollen Schrecken versetzt … Die braunen Söhne der Wüste rannten zwischen den Zelten hin und her, bis eine helle, schmetternde Stimme ertönte, die von einem sicheren Platze


  1. Vorlage: einmmal
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W. Belka: Die Schätze des Wahhabiten. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Sch%C3%A4tze_des_Wahhabiten.pdf/31&oldid=- (Version vom 31.7.2018)