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herauslangen. Wenn daher die Zeit herankommt[1], in welcher die Perlen gefischt werden sollen – was gewöhnlich vom Monat Mai an bis in den Monat September geschieht – so begeben sich die vereideten Perlenfischer an Ort und Stelle, wo sie ihre dießjährige Ernte zu halten gedenken. Die ganzen Perlengewässer nehmlich sind in zehn Regionen abgetheilt, von denen jedes Jahr nur eine durchsucht wird, weil in der Regel nur alle zehn Jahre die Perlen zur Reife gelangen sollen, doch fehlt es nicht an Beispielen, daß manche über 100 Jahre zu ihrer Reife nöthig hatten. Diese Districte sind nur den Perlenfischern bekannt und können und dürfen durchaus nicht verrathen werden. Sehr weise und zweckmäßig ist daher auch das Gesetz, daß sowohl bei Aufsuchung der Perlen keine fremden Personen zugelassen werden dürfen, als auch jede andere Besichtigung der Perlengewässer ohne Erlaubniß nicht gestattet wird, und daß die Perlenfischer mit der größten


  1. Wie überhaupt sonst über die Perlen viel Aberglauben im Schwange ging, so war dieß auch bei der Zeit ihrer Aufsuchung der Fall.
    Nach Geiger p. 44 hielt man zum Perlenfischen den Frühling und Herbst für die beste Zeit. Auch sollte der Vollmond viel dazu beitragen, da nämlich bei heiterem Himmel durch den leuchtenden Mond die beleuchteten Muscheln einen Wiederschein gäben, wie Johanniswürmchen glänzten und sich selbst verriethen, wodurch sie leichter ergriffen und gefangen werden könnten. Er wollte dieß von Passauer Soldaten erfahren haben, die diebischerweise durch diese Gelegenheit sehr viele Muscheln und Perlen herausgenommen hätten. – Dieser Behauptung widerspricht die Erfahrung unserer Perlenfischer gänzlich, indem von ihnen, so lange sie die Wasser untersuchen können, d. h. von Mai bis September, fortwährend reife Perlen gefischt werden. – Auch ist die Meinung bei Geiger irrig, daß die Perlen in einem Jahre wüchsen, und sie möchten noch so lange im Wasser sein, sich nicht mehr verbesserten, viel mehr eher im Wasser verzehrt würden, als eine neue Gestalt annehmen. Die Erfahrung unserer Perlenfischer widerlegt diese Behauptung gänzlich.
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Johann Gottlieb Jahn: Die Perlenfischerei im Voigtlande. Selbstverlag des Verfassers, Oelsnitz 1854, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Perlenfischerei_im_Voigtlande.pdf/55&oldid=- (Version vom 31.7.2018)