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nämlich, daß die Perle im Wasser weich sei, so wie sie aber an die Luft komme, verhärte gleichsam wie Corallen. Diese Mährchen hat man indischen Seefahrern und Reisebeschreibungen zu verdanken. Gegründeter scheint die Behauptung zu sein, daß der Stoff der Perlen ein heller und zäher Schleim oder Saft sei. Ebensowenig Glauben wie noch viele andere thörichte Versuche, ihre Entstehung zu erklären, verdient endlich auch jene Ansicht, daß die Perle in Folge einer Krankheit des Thieres entstehe. Diese Behauptung zu untersuchen, wurden hin und wieder von den Perlensuchern an der Stelle, wo sich Perlen befinden, einzelne Muscheln absichtlich verletzt, mit Nadeln gestochen, um auf diese Weise einen krankhaften Zustand herbeizuführen[1]. Allein


  1. Auch Oken war der Ansicht, daß die Perle in Folge einer Krankheit, nicht aber durch Verletzungen der Muschelschale entstehen; denn er sagt B. 5 p. 322 „Verletzungen der Schalen lassen immer warzenförmige Narben zurück, die wie eingesetzte Stücke erscheinen, zwar den Glanz der Perlen, aber nicht ihre Gestalt haben. – Es ist daher ein Irrthum, wenn man glaubt daß man, um Perlen hervorzubringen, nichts anderes zu thun brauche, als die Schale zu verletzen. – –“ und dann fährt er später fort: – „Uebrigens findet man in allen Theilen des Thieres perlenartige Gewächse, glänzende Körnchen und dergl., selbst im Magen, die daher aus den Säften des Thieres selbst müssen zubereitet, und wahrscheinlich bei gewissen Krankheiten an bestimmten Stellen abgesetzt werden. Auf dieselbe Weise entstehen auch Perlen in der Malermuschel, in den Austern, den Steck- und Miesmuscheln, ja sogar in den Gartenschnecken.“ – Die Perlenmuscheln leiden viel durch einen Wasserwurm, der neben dem Schloß die Schale durchbohrt, als wenn eine Nadel durchgestochen wäre. Dieser Wurm frißt sich bis in das Thier hinein. Er ist weiß, ganz fadenförmig, fast durchsichtig, hat nur geringe Bewegung, wird in Weingeist undurchsichtig und zeigt keine merklichen Ringel; vermuthlich ist es ein Fadenwurm (Gordius). – Die Muscheln suchen diese eingebohrten Löcher wo möglich sogleich wieder zu schließen; zuerst ersetzt sich die äußere Haut und zwar nach einigen Wochen; dann erscheint darunter eine gelbliche Materie [36] die verhärtet die Lücke ausfüllt und nicht selten den Anschein einer eingewachsenen Perle hat. –
    Oken hat ferner, wie er erzählt, eine Menge solcher Muscheln, wovon viele vortreffliche Perlen enthielten, einen ganzen Sommer hindurch beobachtet und konnte nie eine Zunahme in der Größe bemerken, wohl aber, daß diejenigen, welche eine matte weiße Farbe hatten, sich allmälich verringerten, und nach drei Monaten sich fast gänzlich auflösten, während die andern an Farbe und Größe unverändert blieben, oder sich auch wohl verschönerten. Wenn diese Thiere, durch die Wärme der Sonne gelockt, auf dem Sande herumkriechen, so drücken sie oft von selbst die Perlen heraus. Oken sagt, es haben dieß 3 unter 52 gethan. – –
    Grill sagt in den schwedischen Abhandlungen, Band 33. 1772. Die Chinesen brächten ächte Perlen hervor, indem sie von Perlmutter gedrehte Kugeln in die Schalen steckten. Vielfach deshalb unternommene ähnliche Versuche haben niemals ein günstiges Resultat geliefert. –
Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottlieb Jahn: Die Perlenfischerei im Voigtlande. Selbstverlag des Verfassers, Oelsnitz 1854, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Perlenfischerei_im_Voigtlande.pdf/43&oldid=- (Version vom 31.7.2018)