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Entstehung der Perlen haben die Alten sehr verschieden geurtheilt.

Androsthenes behauptet, die Perlen würden im Fleische der Muschel erzeugt, Cardanus sagt: in der Schale derselben. Chares von Mitylene meint im 7. Buch seiner hist. Alexandri, daß die Perlen die Knochen der Muschel seien. Dieß widerlegt sich jedoch von selbst. Denn wenn die Perlen die Knochen der Muschelschnecken wären, so müßten sich doch dieselben in allen solchen Schnecken finden, weil, wie schon Rondeletius behauptet, dieselben dann gleichsam als Stütze der übrigen Theile zu den Verrichtungen des Körpers nothwendig wären. Dieß ist jedoch gänzlich gegen die natürliche Beschaffenheit der Muschelschnecken, die alles Harte auswendig, Weiches jedoch nur inwendig haben, wie schon Aristoteles ganz richtig bemerkt hat.

Im Gegensatz zu der von Plinius aufgestellten Ansicht[1] sagt Isidorus Characenus beim Athenäus im 3.


  1. Plinius im 9. B. c. 35 und mit ihm Solinus cap. 56 behaupten, etwas anders sei die Brut der Muscheln, anderes die Fehl- oder Mißgeburt derselben; er sagt dabei, daß nach der Meinung einiger die Perlen durch Thau erzeugt würden. Wann die Geburtsstunde des Jahres die Muscheln antreibe, so sollen sich dieselben aufthun und mit himmlischen Thau zur Empfängniß angefüllt werden: dadurch würden sie schwanger und die Leibesfrucht der Muschel seien die Perlen nach Beschaffenheit des empfangenen Thaues; sei derselbe rein hineingeflossen, so seien dieselben hell und durchsichtig; war derselbe aber trübe, so werde die Frucht unfläthig; auch werden dieselben blaß, wenn sie bei drohendem Himmel empfangen worden sei. Daher sei es auch bekannt, daß die Perlen in näherer Verbindung mit dem Himmel als dem Meere ständen; daher erhielten auch dieselben eine dunkle, oder nach der Klarheit des Morgens eine helle Farbe. Wenn sie zeitig besaamt würden, so werde auch die Frucht groß. Wenn es blitze, würden die Muscheln zusammengedrückt und nach Verhältniß der zu ertragenden Entbehrung verringert; wenn es aber auch donnere, so wären sie furchtsam und die so plötzlich erschrockenen brächten [33] nur eine sogenannte Mißgeburt eine leere aufgeblasene Gestalt ohne wirklichen Körper zur Welt. Dieß sei die Mißgeburt der Muschelschnecken.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottlieb Jahn: Die Perlenfischerei im Voigtlande. Selbstverlag des Verfassers, Oelsnitz 1854, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Perlenfischerei_im_Voigtlande.pdf/40&oldid=- (Version vom 31.7.2018)