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Der angebliche Hindu fühlte sich hier ohne Frage zu dieser späten Stunde vollkommen sicher. Ohne sich umzublicken eilte er vorwärts. Er mußte die Hindernisse dieses teilweise durch Bambusgebüsch hindurchführenden Steges sehr gut kennen. Jeder Baumwurzel wich er aus, jedem Stein. Und Felix Manhard blieb ihm, obwohl das Mondlicht die dunklen Schatten hier nicht zerteilte, dicht auf den Fersen.

Die Turmruine erhob sich auf einem Hügel. Ihre eine Seite war völlig eingestürzt. Die Trümmer lagen in wirren Haufen im Innern. Unkraut, Kakteen und die gefährlichen Stauden der indischen Nessel, deren Stacheln böse Geschwüre erzeugen, wucherten zwischen den Steinblöcken. Der verkleidete Europäer umging das zerstörte Bauwerk, verschwand hinter der Ruine. Als der Detektiv um die Ecke schlüpfte, war der Fremde nicht mehr zu sehen. Dafür schien es Manhard, als ob aus dem verfallenen Turme ein Geräusch wie das Knirschen eiserner Türangeln hervordringe. –

Eine Stunde war vergangen. Der Detektiv hatte sich in der Nähe ein Versteck gesucht, von dem aus er die Mauer des Turmes an dieser Seite, wo sie noch am besten erhalten war und wo der angebliche Hindu sich so plötzlich seinen Blicken entzogen hatte, gut beobachten konnte. Er war überzeugt, daß der zum Teil aus großen Felsquadern errichtete Turm hier einen verborgenen Eingang haben müsse, den zu entdecken ihn jetzt freilich die ungewisse Beleuchtung hinderte.

Die Nacht lagerte mit drückendem Schweigen über der Erde. Nur von dem vielleicht fünfhundert Meter entfernten Städtchen drang zuweilen das Johlen von Stimmen und das Bellen eines Hundes herüber. Dann vernahm der Detektiv in der Ruine wieder das knirschende, häßliche Geräusch. Und gleich darauf

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W. K. Abel: Die Perle der Königin. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1922, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Perle_der_K%C3%B6nigin.pdf/28&oldid=- (Version vom 31.7.2018)