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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage

Justine dagegen, Schreck und Furcht vor der Armuth im Herzen, faßte sogleich Gedanken der Selbsthülfe. Sie wollte mit ihren Kenntnissen augenblicklich in die Welt hinaus und nicht nur sich selbst, sondern auch Vater und Mutter erhalten, und sie entwarf abenteuerliche Pläne mit fiebriger Hast.

Allein nun trat die Mutter wiederum auf und erklärte, daß sie einen guten Theil des Vermögens als Weibergut beanspruche, um das Haus zu retten und ein ferneres Bestehen möglich zu machen. Die Männer sollen mit den Gläubigern ein Abkommen treffen, wie das fast an allen Orten jetzt geschehe.

Die Männer schüttelten finster die Köpfe und sagten, das könnten und wollten sie nicht thun; lieber wollen sie arm werden und auswandern und in anderm Lande Tag und Nacht arbeiten, um wieder zu etwas zu kommen.

Doch die Stauffacherin hatte jetzt ihre Kraft und Beredsamkeit wieder gewonnen; sie bestand auf ihrer Meinung und zeigte an mehreren Beispielen, wie durch solch' ein besonnenes Verfahren der Sturm überstanden, die Zukunft gerettet und später auch jede billige Verpflichtung noch gelöst und zu Ehren gezogen worden sei. Alles dieses war gewissermaßen noch das Geheimniß des Hauses. Die vielen Arbeiter kamen nach wie

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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage. Göschen, Stuttgart 1874, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leute_von_Seldwyla_3-4.pdf/485&oldid=- (Version vom 31.7.2018)