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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage

überfiel, brach mit aller Herbigkeit auch bei ihr unversehens zu Tage. Leidenschaftlich und rücksichtslos und ebenso unbesonnen rief sie, er möge gehen, wohin er wolle, sie werde ihm nicht folgen, wenn er in ihrem Hause nicht zu gedeihen vermöge, wo es ihm an nichts und an keinem Entgegenkommen gemangelt habe. Weder den Ihrigen noch ihr selbst fiele es ein, noch das geringste Opfer an ein solch verlorenes Leben zu wagen und das Geld einem solchen ..... nachzuwerfen.

Sie brauchte dabei einen Ausdruck, den sie kaum je im Munde geführt, und welchen, ohne daß es gerade ein eigentliches Schimpfwort war, doch kein rechter Mann von Seite seiner Frau erträgt.

Kaum war das Wort ihrem Munde entflohen, so erblaßte Justine und sie schaute ihren Mann mit großen Augen an, der schon vorher erbleicht war und jetzt schweigend hinausging.

Justine eilte, ihre Mutter zu suchen; die war aber noch im Hause eines der Brüder und jene ging daher dorthin, um Rath und Zuflucht zu finden.

Jukundus aber weckte seine eigene Mutter, welche ermüdet schon zu Bette gegangen war, hieß sie sich ankleiden, packte dann das Nothwendigste zusammen, holte in der Nacht selbst einen Miethwagen herbei und fuhr unbemerkt in der stürmischen Regennacht mit seiner Mutter davon, versehen mit dem wenigen

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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage. Göschen, Stuttgart 1874, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leute_von_Seldwyla_3-4.pdf/461&oldid=- (Version vom 31.7.2018)