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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage

als sie sah, daß sie Alle umstrickt hielt, selbst die anderen Frauen wieder freundlich zu machen und herbeizulocken.

Es war nun dunkel geworden. Die Sterne funkelten am Himmel und die Mondsichel stand über dem Walde, erbleichte jedoch bald hinter einem hellen Johannisfeuer, das von einer Anhöhe aufflammte, vom jungen Landvolke angezündet.

„Laßt uns zum Feuer gehen!" rief Küngolt, „der Weg ist kurz und lieblich durch den Wald! Aber wie es sich geziemt, die Frauen voran und die Knaben hinten drein!" So geschah es und sie zogen mit angezündeten Kienfackeln durch den Wald mit lautem Gesange.

Nur Violande blieb zurück, das Haus zu hüten und den Forstmeister zu erwarten; denn auch sie gedachte heute ihren Fang zu thun. Es dauerte auch nicht lange, bis er ankam, in starker Stimmung und mit umflorten Sinnen. Als er die Tische unter den Linden sah, setzte er sich hin und verlangte wohlgelaunt einen Schlaftrunk von Violanden, die ihm denselben davon eilend zu bereiten ging.

Aber auch sie schlüpfte vorher schnell in ihre Kammer hinauf, das lang gehütete Fläschlein mit dem „Gang mir nach" zu holen, und sie fand es nicht. Sie, konnte es auch auf dem Wege nicht finden,

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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage. Göschen, Stuttgart 1874, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leute_von_Seldwyla_3-4.pdf/341&oldid=- (Version vom 1.7.2021)