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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage

zu belustigen und von dem gehabten Schrecken zu erholen, zumal ihnen aus ihrer Stadt noch ein ansehnlicher Zuzug entgegenkam, voll Neugierde, wie es ihnen ergangen sei. So mußten denn die Musikanten wieder aufspielen und die mitgeführten Becher kreisten erst jetzt in voller Fröhlichkeit.

Dietegen blickte so glückselig, neugierig und harmlos umher, daß man von Weitem sah, daß das ein unschuldiges Kind war, was seine Erzählung auch bestätigte. Die Seldwylerinnen konnten sich nicht satt an ihm sehen, flochten ihm einen Kranz von Laub und Waldblumen auf den Kopf, daß er in seinem langen weiten Hemde gar lieblich aussah, und endlich küßten sie ihn der Reihe nach, und wenn ihn die letzte aus den Armen ließ, nahm ihn die erste wieder beim Kopf.

Aber jenes kleine Mädchen, welches den Dietegen eigentlich gerettet hatte, trat jetzt plötzlich aus der Menge hervor und stellte sich zornig zwischen den Knaben und die Frau, welche ihn eben küssen wollte; es nahm ihn eifrig bei der Hand, um ihn in den Kreis der Kinder zu führen, so daß die Gesellschaft in neue Heiterkeit ausbrach und rief: So ist es recht! die kleine Küngolt hält ihre Eroberung fest! und Geschmack hat sie auch, seht nur, wie gut das Männchen zu ihr paßt! Küngolt's Vater aber, der Forstmeister

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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage. Göschen, Stuttgart 1874, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leute_von_Seldwyla_3-4.pdf/299&oldid=- (Version vom 31.7.2018)