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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage

keinen Verdacht schöpfte und ein tolles Weibsstück zu sehen glaubte, begleitet von einer blöden und schüchternen Person. Als ihm der Handel endlich zu bunt wurde, unterbrach er die Schwätzerin gewaltsam und sagte: „Eure Rechnung über Stroh und Kuh beträgt so und so viel, alles Uebrige ist dummes Zeug, das Ihr anderwärts anbringen mögt, liebe Frau!“

„So!“ sagte Aennchen in köstlichem Tone, und Wilhelm: „Ja, so! Geht in Gottes Namen und laßt mich in Ruhe!“

„Auf diese Weise!“ erwiderte Aennchen, „aha! So so! Nun, so habt denn Dank, Herr Hexenmeister! und nichts für ungut! Behüt’ Euch Gott wohl und zürnet nicht! Komm, Frau Barbel!“

Doch als sie bereits unter der Thür war, kehrte sie nochmals um und rief: „Ei, so hätte ich bald vergessen, Euch den Gruß auszurichten! Oder hab’ ich’s schon getan?“ – „Nein! von wem?“ – „Ei, von einer gar feinen und hübschen Frau, Ihr werdet sie besser kennen als ich, denn ich weiß ihren Namen nicht zu sagen!“ – „Ich weiß nicht, ich kenne keine solche Frau!“ – „He, so besinnt Euch nur, sie wohnt an der Stadtmauer, ist nicht gar groß, aber ebenmäßig gewachsen und trägt den Kopf voll brauner Haarlocken wie ein Pudel! Da die Barbel und ich haben ihr Eier gebracht, wir sagten, daß wir da

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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage. Göschen, Stuttgart 1874, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leute_von_Seldwyla_3-4.pdf/242&oldid=- (Version vom 31.7.2018)