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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage

u. s. f. Er besah die Handschrift genauer, es war die seiner Frau. Er that den zweiten Brief auf, den dritten, es waren seine Briefe, er fing von hinten an und stieß genau auf den letzten, welchen er geschrieben, alle waren zierlich abgeschrieben und an den Schulmeister adressiert. Er sprang in die Höhe und rief: „Was Kreuz Millionenhagel ist denn das? Bin ich confus oder nicht?“

Einige Minuten stand er wie verstört; dann stieß er die Brieftasche mit den Papieren kunterbunt in das Reisetäschchen, das er umgehängt hatte, schwang seinen Stab, drückte sein Hütchen in die Augen, daß das arme Ding knitterte und sich verbog, und schritt gestrengen Schrittes vollends heimwärts. Auf dem Wege lief der Schulmeister ängstlich und hastig an ihm vorüber wieder zurück, offenbar seine Briefe zu suchen. Viggi that, als sähe er ihn nicht, und ging vorwärts.

Als er durch die Stadt zog, waren die Seldwyler verwundert über seine starre Haltung und daß er Niemand grüßte. Viggi Störteler ist zurück! hieß es: jeder Zoll ein Mann! Potz Tausend, da geht er hin! Er aber drang unaufhaltsam vor und in sein Haus. Dort sah er die Kellerthür offen stehen, ging hinein und sah sein Weib einige Aepfel auswählen, das Licht in der Hand. Unversehens trat

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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage. Göschen, Stuttgart 1874, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leute_von_Seldwyla_3-4.pdf/192&oldid=- (Version vom 31.7.2018)