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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage

Er war einer von Denjenigen. Er trug einen rothen Sammetrock, einen Federhut und einen Degen. Er trug eine goldene Weste mit dem Wahlspruch: Jugend hat keine Tugend! Er trug goldene Sporen und ritt auf einem weißen Hengst; er stellte denselben in den ersten Gasthof und rief: Ich kümmere mich den Teufel darum, denn es ist Frühling, und Jugend muß austoben! Er zahlte Alles baar und Alles wunderte sich über ihn. Er trank den Wein, er aß den Braten, er sagte: Das taugt mir alles nichts! Ferner sagte er: Komm Du holdes Liebchen, Du taugst mir besser als Wein und Braten, als Silber und Gold! Was kümmere ich mich darum? Denke was du willst, was sein muß, muß sein!“

Hier blieb er plötzlich stecken und konnte durchaus nicht weiter. Sie lasen zusammen das Geschriebene, fanden es nicht übel und sammelten sich wieder während acht Tagen, wobei sie ein lockeres Leben führten; denn sie gingen öfter in’s Bierhaus, um einen neuen Anlauf zu gewinnen; allein das Glück lachte nicht alle Tage. Endlich erwischte John wieder einen Zipfel, lief nach Hause und fuhr fort:

„Diese Worte richtete der junge Herr Litumlei nämlich an eine gewisse Jungfrau Liselein Federspiel, welche in den äußersten Häusern der Stadt wohnte, wo die Gärten sind und bald ein Wäldchen oder

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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage. Göschen, Stuttgart 1874, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leute_von_Seldwyla_3-4.pdf/124&oldid=- (Version vom 1.6.2020)