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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

bin verdrießlich und schimpfe in der Stille. Dieß ist freilich just nicht ganz schön, aber ich kann nicht helfen. Gestern war ich bei einem solchen Mittagessen — einem entsetzlichen Schmause. Zwei ältere Herren, Advokaten, die mir gegenübersaßen, schlummerten ein wenig, wenn sie nicht gerade den Mund öffneten, um die Leckerbissen einzuheimsen, welche ihnen geboten wurden. Bei unsern Bauernhochzeiten, wo man auch 3 Stunden am Tische sitzt, hat man doch Toaste, Geschenke für Braut und Bräutigam und einen Musikanten, der bei jedem neuen Gericht aufspielt; aber hier hat man gar nichts als die Speisen. Und die lebhaften Mahlzeiten in Dänemark! Ich müßte an sie denken mit ihren wenigen aber guten Gerichten und lebhaften, frohen Gästen, die nur mitunter gar zu laut wurden in ihrem Eifer zu sprechen und sich Gehör zu schaffen, mit den muntern Einfällen, Scherzen, Geschichtchen, Toasten, Reden, dem fröhlichen, freien, frischen Sichgehenlassen, welches das dänische Gesellschaftsleben auszeichnet; bei den Gastmählern dort, da gab es ächten Champagner, Champagner für Seele und Leib; es waren die letzten, denen ich in Europa anwohnte, ehe ich hieher kam. Aber diese Schmausereien hier gehören ganz entschieden der Hölle an, wie Heiberg in „einer Seele nach dem Tode“ spricht, und sie fallen in die Rubrik des Leidigen. Dieser Tage indeß war mir einmal bei einem großen Mittagessen das Glück hold und setzte mir den interessanten Doctor Hawk an die Seite, der mir mit seiner schönen Stimme und seiner klaren, gemüthlichen Weise seine Ansichten über die Antiquitäten im Centralamerika und seine Hypothesen über Amerikas frühere Verbindung mit Asien entwickelte. Es war sehr interessant ihn anzuhören und es wäre mir sehr angenehm, diesen Mann, dessen Natur und ganzes Wesen mich gewaltig anmuthet, noch mehr zu sehen und zu sprechen. Er gehört auch zu denjenigen, die mir hier Haus und Wohnung angeboten haben, deren

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/126&oldid=- (Version vom 11.1.2020)