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diesem von glücklichen Nebenumständen unterstützt, prosperierte gut und bewegt sich gegenwärtig in annäherndem Umfange wie das Muttergeschäft, obgleich das letztere noch heute auch nach Greiz für die angestammte, wie für neue Kundschaft stark beschäftigt ist.

Die Leistungen der Firma Georg Schleber sind nicht allein in Industrie- und Handelskreisen Gegenstand vielseitiger Anerkennung geworden, sondern auch auf der Wiener Weltausstellung 1873, der deutschen Wollenindustrie-Ausstellung zu Leipzig 1880 und der Weltausstellung zu Melbourne 1888/89 mit den ersten Preisen ausgezeichnet worden.

Das Etablissement genoß schon früher die Ehre eines Besuchs Sr. Majestät des hochseligen Königs Johann, wie auch im Juni 1884 Se. Majestät König Albert dasselbe in Augenschein zu nehmen geruhte.

Ebenso nahmen höchste und hohe Staatsbeamte des öfteren Gelegenheit, das Etablissement zu besichtigen, wie Besuche durch Handels- oder Gewerbeschulen etc. in demselben nicht zu den Seltenheiten zählen.

Eine Betrachtung des großartigen Gebäudekomplexes, wie wir ihn im Lichtdruck nebenstehend vorführen, der, ein enggeschlossenes Ganzes bildend, dem Beschauer imponieren muß, ein Verfolg der stattlichen An- und Neubauten führt unwillkürlich darauf hin, wie sich die äußere Ausdehnung dieser Schöpfung allmälig vollzogen, von deren Anfängen her übrigens noch verschiedene längst außer Betrieb gesetzte Utensilien in pietätvoller Weise erhalten worden sind; das von der Firma eingerichtete Archiv wird sicher so manchen Markstein enthalten für die mehr als vierzigjährige Geschichte des Hauses Georg Schleber.

Anläßlich des fünfundzwanzigjährigen Geschäftsjubiläums am 30. November 1872 wurden mehrere der ältesten Arbeiter mit Auszeichnungen bedacht und ihnen seitens der Firma größere Geldbeträge überwiesen; für arbeitsunfähige, ältere eigene Leute und deren Angehörige ist durch einen gut dotierten Unterstützungsfonds gesorgt.

Eine im Jahre 1884 dem Gesetz vom 15. Juni 1883 entsprechend umgewandelte eigene Fabrikarbeiter-Krankenkasse besteht seit 1869 und gehören dieser die gesamten Arbeiter des Etablissements mit dem Tage ihres Arbeitsbeginns an.

Das Reichenbacher Stammhaus allein, auf welches sich alle folgenden Daten beziehen, zählte im Jahre 1871 ca. 200, 1879 ca. 290 Arbeiter, in neuerer Zeit jedoch beschäftigt es zwischen 550–650 Arbeiter, wovon ca. ¾ männliche und ca. ¼ weibliche, die bei ihrer Annahme alle das 16. Lebensjahr überschritten haben müssen. Unter denselben findet man auf einem Rundgange durch die zahlreichen Arbeitsstätten des Etablissements eine stattliche Anzahl älterer Männer, die, wie wir mit Freuden hörten, von Jugend auf oft 30–35 Jahre lang dem Schleber’schen Hause treu geblieben sind, welchem überdies eine größere Zahl technischer wie kaufmännischer Beamten zugehören.

Zur Bewältigung des Betriebes dienen elf große Dampfkessel, meist neuesten Systems, mit je ca. 100 Quadratmeter Heizfläche und einer Leistungsfähigkeit von 1200 Pferdekräften. Sechs Dampfmaschinen mit 225 Pferdekräften bewegen das Getriebe, zu dem nahe an 300 größere Arbeitsmaschinen, sowie eine bedeutende Anzahl Hilfsmaschinen gehören, darunter verschiedene nach eigenem System in den Werkstätten des Etablissements hergestellt werden.

Der durchschnittlich monatliche Kohlenverbrauch beziffert sich auf 250 Ladungen à 100 Centner, und zwar gelangt ausschließlich Steinkohle zur Verwendung.

Das in ganz bedeutenden Massen zum Betriebe erforderliche reine Wasser wird auf eigenem Areale im Hainsdorfer Grunde gesammelt und durch zwei eiserne Röhrenleitungen von je 3 Kilometer Länge in große, hinter dem Etablissement liegende Bassins geführt. Die gefaßten Quellen sind von derartiger Leistungsfähigkeit, daß selbst zur trockensten Jahreszeit noch nie Wassermangel für den Betrieb eintrat, obgleich sich der tägliche Wasserverbrauch auf durchschnittlich 10 000 Hektoliter beläuft.

In einer der Firma gehörenden Mühle mit reichlicher Wasserkraft werden die Farbhölzer geschnitten, die vor ihrer Verwendung zum Färben noch mehrere Monate lang in großen eigens dazu eingerichteten Lagerschuppen fermentieren müssen.

Zur Beleuchtung des ganzen Fabrikrayons, der eine zusammenhängende Grundfläche von 3,49 ha umfaßt, dient seit Jahren ausschließlich elektrisches Licht (Bogen- und Glühlampen).

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Erster Theil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1892, Seite 349. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_1.pdf/365&oldid=- (Version vom 23.2.2020)