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Georg Schleber in Reichenbach i./V.,
Färberei und Appreturanstalt.

Aus dem Rohen und Unscheinbaren, was die auch in unserem engeren Vaterlande so zahlreich vertretene großartig entwickelte Spinnerei und Weberei mit vieler Kunstfertigkeit und oft großer Mühsamkeit erzeugt, das Schöne, das Vollendete hervorzubringen, dem tonlosen schlichten Gewebe die gefällige anziehende, den beständig wechselnden Geschmacksrichtungen angepaßte mannigfaltige Ausrüstung zu schaffen, ist die Aufgabe der Färbereien und Appreturanstalten. Unter diesen nehmen insbesondere die Stückfärbereien wegen der größeren Vielseitigkeit in der Behandlung von Geweben gegenüber der sogenannten Strang- oder Garnfärberei in neuerer Zeit den Vorrang ein.

Im engsten Zusammenhange mit der Entwickelung und dem Emporblühen der Weberei hat sich die Färberei mit ihren Zweigen und sorgfältiger Anwendung der Fortschritte auf dem Gebiete der Chemie und Technik zu hervorragender Vollkommenheit entfaltet. Namentlich kommt jetzt die deutsche Färberei in allen Weltteilen zur Würdigung.

Unser gesegnetes Sachsenland mit seiner ausgedehnten und fürsorglich gepflegten Industrie fast aller Zweige hat ohne Zweifel glänzenden Anteil an dem Ruhme deutscher Errungenschaften auch auf dem Gebiete der Textil-Industrie, welche vorzüglich mit im Bezirke der Königlichen Kreishauptmannschaft Zwickau betrieben wird, in dessen Mitte speziell die Erzeugung wollener Webwaren umfassend. Die naturgemäße Folge war gerade hier auch das Entstehen von Färbereien, welche ebensowohl Garne wie gewebte Waren in Behandlung nahmen, neuerdings aber wegen des komplizierteren technischen und des rationelleren Betriebes sich mehr für das eine (Strangfärberei) oder das andere (Stückfärberei) entschieden haben.

Als das größte und bedeutendste Etablissement seiner Art im Königreich Sachsen ist die Färberei und Appreturanstalt der Firma Georg Schleber in Reichenbach i. V. geschätzt und weit über Europas Grenzen hinaus vorteilhaft bekannt. Dieses befaßt sich beinahe ausnahmslos mit Färben und Appretieren von Stückwaren, unter denen die Kammgarnstoffe schon seit einer Reihe von Jahren die Hauptbeschäftigung für das Etablissement bilden, auf dessen Ausdehnung dieselben von wesentlichem Einfluß waren. Jedoch auch den Streichgarn-Geweben hat die Firma stets ihre Pflege zugewendet; im besonderen während der ersten Entwickelungsperiode der Flanellfabrikation in Reichenbach in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre hat sie kein Opfer gescheut, durch weitgehende Versuche und Beschaffung der für Flanelle geeignetsten Appreturmaschinen zur Absatzfähigkeit des Artikels das möglichste beizutragen.

Der Gründer der Firma, Herr Georg Schleber, ein geborener Elsässer, als ehemaliger Färbermeister in einem der s. Z. bedeutendsten Etablissements Nordfrankreichs mit Erfahrungen und Kenntnissen der damals tonangebenden französischen Färberei ausgerüstet, ließ sich 1845 in Glauchau nieder, um ein in Frankreich

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Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Erster Theil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1892, Seite 347. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_1.pdf/363&oldid=- (Version vom 23.2.2020)