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Anlage, sowie durch Anlage von Filialen in Reichenbach i. V., in der Spinnmühle von Reißmann & Söhne, und später auch in Greiz in zwei Websälen befreundeter Etablissements (Gebr. Albert und C. G. Lorenz), sodaß 1881 bereits 300 Stühle beschäftigt waren. Bei dieser Erweiterung stellte sich heraus, daß durch die räumliche Verteilung der einheitlichen Leitung des Betriebes zu große Schwierigkeiten erwuchsen, und so entschlossen sich die Inhaber der weithin wohlberufenen Firma zur Errichtung eines eigenen Etablissements. Aus Anhänglichkeit an ihr Geburtsvaterland erwarben Gebrüder Ruppert ein ihnen angebotenes Grundstück in der Greiz benachbarten Stadt Elsterberg zur Errichtung ihrer Anlagen und verpflanzten somit die mechanische Weberei hierher zur Freude der Einwohner und zum Segen des von Stunde an immer mehr aufblühenden Gemeinwesens. Hier mag erwähnt sein, daß laut Bericht des Handelskammersekretärs Kirbach der Betrag der Einkommensteuer an Löhnen und Gehältern in den letzten 10 Jahren um mehr als das Doppelte gewachsen ist.

Das Grundstück, welches bestimmt war, die Weberei aufzunehmen, war bis dahin (1882) Eigentum des Restaurateurs Falk gewesen und hatten darauf auch die im Umkreise gutbekannten Feste der privilegierten Schützengesellschaft stattgefunden.

Das stattliche Etablissement wurde mit allen Neuerungen der damaligen Zeit ausgestattet und am 2. September 1882 zum ersten Male in Gang gesetzt. – Zu der bisherigen Rohwarenfabrikation trat in der neuen Produktionsstätte unter der bisherigen Leitung der Inhaber, unterstützt von deren jüngerem Bruder Paul, die Herstellung der nadelfertigen Kleider- und Konfektionsstoffe und heute wird die gesamte Produktion der 300 Stühle nur noch direkt an die Konsumenten bez. Großhändler abgesetzt. Das Absatzgebiet hat sich infolge Festhaltens an dem bewährten Prinzipe der Firma: „Verwendung nur bester Garne unter streng reeller Bedienung bei billigster Preisnotierung“, bedeutend erweitert, und so gehen ihre Fabrikate heute nach beiden Indien, Japan, Südamerika, England, Oesterreich, Dänemark, Italien, Schweden, Norwegen, sowie nach allen Ländern und Provinzen Deutschlands.

Bei dem letzten Besuche Sr. Majestät des Königs Albert von Sachsen am 16. Juli 1890 hatte die Firma die Ehre, die Vielseitigkeit der Produkte und Absatzgebiete Allerhöchstdemselben vorzuführen und zeichnete Sr. Majestät die Firma durch huldvolle Worte der Anerkennung aus.

Von der Beschickung der Ausstellungen hat die Firma bisher Abstand genommen, da ihre Erzeugnisse ohnedies schlanken Absatz und Anklang fanden.

Seit 1887 besitzt die Firma eine eigene Fabrikskrankenkasse, deren Wirksamkeit sich schon in segensreichster Weise hat erkennen lassen. Mehrere Festlichkeiten, welche den Arbeitern und Angestellten der Fabrik, insbesondere am Tage des 10jährigen Bestehens, von seiten der Inhaber gegeben wurden, legten deutlich Zeugnis von dem besten Einverständnis ab, das zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer besteht und das noch weitere Bestätigung erhielt, indem die Arbeiter sich der Streikbewegung des Frühjahrs 1890 erfreulicherweise fernhielten. Eine große Anzahl von Beamten ist seit Beginn bei der Firma thätig, wie auch eine beträchtliche Anzahl von Webern sich seit langen Jahren ununterbrochen in Arbeit befindet. Die Zahl der Beschäftigten beträgt 200, wovon je die Hälfte männlichen und weiblichen Geschlechtes sind. –

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Erster Theil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1892, Seite 333. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_1.pdf/349&oldid=- (Version vom 23.2.2020)