Seite:Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild Teil 1.pdf/334

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

die Hammermeister Melchior Siegel und Jacob Kleinhempel übernahmen 1584 das Werk um 1400 Gulden. Daraus, daß der Kaufpreis nach 9 Jahren noch derselbe blieb, ist zu erkennen, daß sich Schönheiderhammer in dieser Zeit nicht vergrößert hatte.

Unter den neuen Besitzern erfolgte ein wichtiger Fortschritt in der Entwickelung des Werkes: Kurfürst Christian erteilte unter dem 12. Mai 1588 eine Konzession über einen zu errichtenden Hochofen, da, wie es in der Urkunde heißt, „das rohe, wilde und Hartschmelzen durch den hohen Ofen besser denn durch bestehendes Zurennwerk durchbracht“ werde. Man hatte also bis dahin bei der Roheisenproduktion sich lediglich der sogenannten Zerrenn- oder Zurennherde bedient.

Wie lange die beiden Hammermeister Melchior Siegel und Jacob Kleinhempel den Schönheiderhammer besessen, darüber fehlt jeglicher urkundliche Anhalt. Die nächste Urkunde stammt erst aus dem Jahre 1651; es ist ein Beraimungsprotokoll „über das Hammergut Schönheide sambt dem Uttmannschen Vorwerke und der hierzu an der Mulde hinaufliegenden 10 Erbbräume, aus dem hervorgeht, daß Jeremias Siegel Eigentümer war. Wie es scheint, haben die Nachkommen der beiden Hammermeister Siegel und Kleinhempel im Besitze des Werkes abgewechselt, denn anno 1661 treten wiederum Melchior und Christian Kleinhempel als Inhaber auf. Es ergiebt sich dies aus einer Appellationsschrift wegen Auferlegung einer Beschockung (Abgabe), verfaßt nachdem Kurfürst Johann Georg der Andere am 23. Mai 1666 seine „neu auffgerichtete Hammerordnung“ erlassen hatte, in der es unter anderem heißt, der Kurfürst habe „durch Komissiones feststellen lassen, was zu derer Blechhämmer Aufnehmen und Unterhaltung diene, in landesväterlicher Sorgfalt für die gesambten Hammerwerke und deren Konservation unterschiedliche heilsame Verordnungen ergehen lassen.“ Diese neue Hammerordnung scheint indes den zu jener Zeit durch die Schwedenkriege gänzlich darniederliegenden Betrieb nicht haben heben können, da schon im Jahre 1668 ein neuer Besitzwechsel stattfand, indem ein zweiter Georg Bloede, vielleicht ein Enkel des früheren Besitzers gleichen Namens, das Hammerwerk pachtete, und wenig Jahre später, wie aus einer vom 28. März 1674 gegebenen dritten Konzession Johann Georgs II. zu einem Zain- und Blechhammer hervorgeht, schon ein Anderer, nämlich Bastian Jörning, an dessen Stelle trat.

Auch Bastian Jörning scheint nicht lange Zeit den Hammer bewirtschaftet zu haben, denn vom Jahre 1696 existiert ein Lehnbrief, gegeben nach dem Eingange Johann Georgs IV., durch den der Juliane Krosin das Hammerwerk Schönheide samt dem Uttmannschen Vorwerke in Lehn gereicht wurde; und schon 1698 erfolgte ein neuer Lehnbrief Friedrich Augusts an den Hammermeister Friedrich Siegel in Schönheide, welcher mit den Worten schließt: „daß dessen Erben und Nachkommen mit Nichten ferner beschwert werden sollen.“

Unter dem Besitze der Familie Siegel trat nun eine ruhigere Entwickelungsperiode für Schönheiderhammer ein. Ganz besonders war es die Schwarz- und Weißblechfabrikation, welche nicht nur das Werk bedeutend hoben, sondern auch die Basis bilden sollte für die den Orten Schönheide und Eibenstock über ein Jahrhundert lang als Haupterwerbszweig dienende Röhrenschieberei und Flaschnerei, wodurch das Hammerwerk ein wirklicher Segen für den ganzen Distrikt wurde. Nach Siegel – das Jahr des Kaufes ist unbekannt – tritt Veit Hans Schnorr von Carolsfeld, zugleich Inhaber des damaligen Hüttenwerkes Carlsfeld, als Besitzer auf, aber schon 1720 finden wir laut einer Berainigungsregistratur Christ. Gottlieb Bußius, Ober-Floß-Kommissarius Friedrich August des Starken im Besitze von Schönheide. Indes wohl in Folge des 1742 beendeten ersten schlesischen Erbfolgekrieges, an welchem Sachsen unter Friedrich August III., Teil nahm, konnte die Familie Bußius den Besitz von Schönheide nicht länger behaupten und ging das Hammerwerk um diese Zeit an Gottlieb Mende käuflich über, mit welchem Besitzer eine traurige Zeit der Konkurse beginnt. Der 2. schlesische, sowie der 7jährige Krieg hinterließen als Folgen den 1765 ausbrechenden Mendeschen Konkurs, welcher mit Subhastation sämtlicher Grundstücke, sowie des Hammerwerkes selbst endete. –

Carl Gottlieb Rauh & Consorten erwarben das Hammerwerk Schönheide. Abermals schien eine Glanzperiode über Schönheide kommen zu wollen; der Hochofen-Betrieb wurde vervollkommnet und verstärkt, die Schwarzblechfabrikation, die Stabeisen- und Zaineisen-Frischerei erweitert, ja sogar bereits mit dem Bilden des Roheisens durch Herdguß begonnen. Leider aber setzten die nach der französischen Revolution auch über ganz Deutschland hereinbrechenden fast ununterbrochenen Kriege jener Glanzperiode sehr rasch wieder ein Ziel. Nach dem durch einen Sturz vom Pferde eintretenden Tode des Hammerwerksbesitzers Rauh, welcher inzwischen

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Erster Theil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1892, Seite 318. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_1.pdf/334&oldid=- (Version vom 23.2.2020)