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Gebrüder Pfitzer in Oschatz,
Fabrik von Centesimal-, Decimal-, Brückenwaagen und Waagen aller Art.

Die Fabrik wurde im Jahre 1845 von Herrn Ernst Friedrich Pfitzer in Oschatz gegründet. Die Eröffnung des Geschäftes erfolgte unter Umständen, welche nur eine ganz geringe Ausdehnung desselben gestatteten; jedoch die Sachkenntnis und eine eiserne Energie, welche zu den erprobten geschäftlichen Tugenden zählen, und deren Besitz sich der Gründer der Fabrik rühmen konnte, halfen über alle Schwierigkeiten hinweg, und die kleine Fabrik, welche vorzügliche Erzeugnisse lieferte, erhielt viele ehrenvolle Aufträge, infolge deren die Erweiterung des Fabrikbetriebes zur Notwendigkeit wurde. Der Gründer, welcher einer geschäftlichen Beihilfe bedurfte, nahm seinen Bruder in die Firma als Geschäftsteilhaber auf, und das Fabriketablissement hob sich durch die fachgemäße Leitung derart, daß in den siebziger Jahren gegen 300 Arbeiter in der Fabrik selbst beschäftigt waren. Auch heute noch ist die Fabrik der Firma Gebr. Pfitzer von keinem Konkurrenz-Etablissement, was Umfang und Umsatz anlangt, auch nur annähernd erreicht worden und daher die größte ihrer Branche auf dem ganzen Kontinent. Bis zum Jahre 1883 war der Gründer der Fabrik Herr Ernst Friedrich Pfitzer Mitinhaber der Firma. Gegenwärtig ist alleiniger Inhaber derselben der Schwiegersohn des Gründers, Herr Leopold Carl Bruck, welcher mit gleicher Umsicht und Energie, wie seine Vorfahren, die Fabrik nicht nur auf ihrer hohen Leistungsfähigkeit zu erhalten bestrebt ist, sondern eine stete Vervollkommnung sowohl der hergestellten Fabrikate, als auch der technischen Fabrikseinrichtung, wie sie die Erfindungen der Neuzeit bedingen, erstrebt. Die Firma besitzt verschiedene Patente im Deutschen Reiche, Oesterreich-Ungarn, Schweden, Norwegen und der Schweiz, und verdient es wohl der Erwähnung, daß derselben bereits am 20. November 1855 ein Erfindungs-Patent auf die Dauer von 5 Jahren im Königreich Sachsen erteilt worden ist.

Die hergestellten Fabrikate sind Centesimal-, Decimal-, Brückenwaagen bis zu 1000 Centner Tragfähigkeit. Ferner werden Waagen von der kleinsten bis zur größten Sorte fabriziert, u. A. Tisch, Tafel- und Laufgewichtswaagen, sowie Waagen zum Wiegen erwachsener Personen und Kinder und kleinere Waagen bis zur Goldwaage u. s. w, wie überhaupt Waagen aller Art und bewährtester Systeme. Zu bemerken dürfen wir nicht unterlassen, daß die Fabrikate nur in vorzüglicher Qualität hergestellt werden, wofür zahlreiche Zeugnisse, die der Fabrik von Königlichen und Kommunalbehörden, sowie von angesehenen Firmen etc. zugegangen sind, eklatante Beweise liefern. Eine große Anzahl derartiger Zeugnisse bekundet, daß vielfach nach jahrelangem Gebrauche die Waagen größter Art die Belastungen mit Genauigkeit, oder doch höchstens bei sehr großen Lasten von 500 bis 1000 Centner geringe Gewichtsdifferenzen von 2 bis 5 Pfund ergaben, gewiß eine großartige Leistung der Fabrik, wenn man den Umstand in Betracht zieht, daß die Waagen bereits 20 bis 25 Jahre und noch länger in Betrieb waren.

Als Rohmaterial verarbeitet die Fabrik in der Hauptsache Holz, Eisen und Stahl, welche in Deutschland gekauft werden.

Zur Zeit beschäftigt das Etablissement über 1000 Arbeiter, wovon, da in der Fabrik nur die Fertigstellung der Waagen erfolgt, 200 Arbeiter direkt in derselben thätig sind. Der Fabrikbetrieb findet mit Dampfkraft statt. Eine starke Dampfmaschine setzt eine große Anzahl von Hilfsmaschinen, Kreissägen, Frais-,

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Erster Theil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1892, Seite 305. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_1.pdf/321&oldid=- (Version vom 23.2.2020)