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Arno & Moritz Meister in Chemnitz
Baumwollspinnerei und Zwirnerei mit Färberei.

Die Firma hat ihre Betriebsstätten in Erdmannsdorf und Wiesa, im Zschopauthale,gelegen. Gegründet wurde dieselbe von den gegenwärtigen Inhabern, Gebrüder Arno Meister und Moritz Meister, am 1. Juli 1865.

Zu ihrer Fabrikation ein- und mehrdrähtiger, roher, gebleichter, gefärbter, melierter, (sogenannter Imitation of Merino), Gespinnste für Strick-, Strumpf-, Tricot- und Web-Industrie, verwendet dieselbe amerikanische, ägyptische und ostindische Baumwollen, welche roh, gefärbt, gebleicht für die verschiedensten Bedarfsrichtungen versponnen werden; außerdem finden die gezwirnten Garne als Strick-, Häkel- und Tapisserie-Garne für den Handbedarf vielseitige Verwendung.

In den Etablissements Nieder-Erdmannsdorf, Ober-Erdmannsdorf und Wiesa bei Annaberg sind ca. 300 Arbeiter und Beamte beschäftigt, und finden sich diese Betriebsstätten zusammen mit 220 Pferde Wasserkraft und 500 Pferde Dampfkraft ausgestattet. Das Absatzgebiet für eine Produktion von jährlich ca. 2 Millionen Pfund einfacher und gezwirnter Garne, welche von 20 000 Feinspinn- und Zwirnspindeln erzeugt werden, ist Deutschland und das Ausland.

Das Geschäft entwickelte sich aus bescheidenen Anfängen; in den ersten Jahren wurden durch dasselbe eine Anzahl Lohnspinnereien beschäftigt. In den Jahren 1869 und 1872 wurden die Spinnereien Ober-Erdmannsdorf und Wiesa erpachtet, nachdem dieselben unter ihren damaligen Besitzern durch die Krisis, welche während des amerikanischen Krieges die Baumwollindustrie heimgesucht hatte, zu mehrjährigen Stillstand gekommen waren. Sie wurden, wie auch das bald darauf mit erpachtete Nieder-Erdmannsdorfer Werk der Neuzeit entsprechend eingerichtet; die durchgreifende Reorganisation sämtlicher drei Spinnereien zu der Höhe ihrer jetzigen Leistungsfähigkeit konnte aber erst vom Jahre 1884 an eintreten, nachdem Ober-Erdmannsdorf und Wiesa käuflich erworben waren, und Nieder-Erdmannsdorf eine wesentliche Erweiterung erfahren hatte. Die neuesten Systeme von Zwirn-, Spinn- und Vorbereitungsmaschinen, aus englischen und zum kleinen Teil aus sächsischen Maschinenwerkstätten hervorgegangen, liefern nun ein den höchsten Anforderungen, welche man an einfach und doppelt cardiertes Garn macht, entsprechendes Gespinnst, während der Betrieb, der vorher nur auf Wasserkraft angewiesen war, in der Aufstellung drei neuer Kompoundmaschinen auch für etwaige Erweiterungen sicher gestellt ist.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Erster Theil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1892, Seite 257. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_1.pdf/273&oldid=- (Version vom 23.2.2020)