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Verschiedene: Die Grenzboten (1841/1842), 1. Jahrgang, Band 1

waren die ersten Pianofabrikanten gekommen, und stritten unter einander um die Ehre, ihm ihre Instrumente während seines Aufenthalts anbieten zu dürfen.

Als Weber sich zum erstenmale in’s Coventgarden-Theater begeben hatte, erkannte man ihn in dem Augenblicke, als er sich über den Rand seiner Loge hinbog, um das Innere des Saales zu betrachten. Alsbald erhob sich von allen Seiten zugleich ein Beifallrufen, und er sah sich genöthigt, sich zu zeigen und wiederholentlich zu grüßen. Das Publikum verlangte nachdrücklich die Ouvertüre des Freischütz, und kaum vermochte das Aufziehen des Vorhangs dem Lärm ein Ende zu machen. Der arme Künstler war zu Dresden nicht daran gewöhnt, sich mit solcher Auszeichnung behandelt zu sehen, und war daher über den so unerwarteten Empfang recht inniglich gerührt. Bevor er seine neue Oper der Londoner Bühne zum Einstudieren gab, leitete Weber die Wiederaufführung des Freischütz, und sorgte selbst für’s Einstudieren der Rollen und überhaupt für die ganze Aufführung. Gleich bei seinem Eintritt in’s Orchester, gerieth der ganze Saal in Bewegung, die Ouvertüre ward wiederholt, und jedes Stück mehrmalen durch Beifallsbezeugungen unterbrochen. Nichts fehlte endlich mehr zu Webers Triumph, sogar das Herausrufen — welche Ehre bisher nie einem Componisten in England zu Theil geworden — nicht ausgenommen. Dies alles war freilich geeignet, ihn zu berauschen, und die Eitelkeit des Künstlers fand Stoff genug zur Zufriedenheit; allein noch war der Hauptzweck seiner Reise nicht erreicht. Es hing lediglich vom glücklichen Erfolg des Oberon ab zu bestimmen, in wie fern er Ursache habe, sich dazu Glück zu wünschen, sie unternommen zu haben. Der große Tag war endlich da; am 11. April hatte die letzte allgemeine Repetition Statt gesunden. Alle Abonnirte haben in den Londoner Bühnen Zutritt an den Tagen der Hauptrepetitionen; weshalb auch fast gar kein Unterschied zu bemerken ist zwischen dem letzten Versuch und einer gewöhnlichen Vorstellung. Der Saal des Coventgarden-Theaters war mit einem glänzenden Publikum angefüllt. Der erste Akt ward sehr gut ausgeführt; im zweiten aber, als grade die zwei Hauptschauspieler erscheinen sollten, blieb die Scene leer. Es ward angekündigt, daß die Schauspielerin Miß Paton durch das Niederstürzen eines Theils der Decoration verwundet worden sei. Dieser Zufall kam einigen abergläubischen Personen wie eine schlimme Vorbedeutung vor. Die Vorstellung ward demungeachtet nur um wenige Tage hinausgeschoben. Webers Arbeit ward überhaupt und im Ganzen sehr günstig aufgenommen, erhielt aber bei weitem den enthusiastischen Beifall nicht wie der Freischütz. Man war auf eine Musik gefaßt, die den nämlichen Charakter haben sollte wie diese Oper, und der Unterschied war auffallend.

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Verschiedene: Die Grenzboten (1841/1842), 1. Jahrgang, Band 1. Herbig, Leipzig 1841, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Grenzboten_1-1841.pdf/316&oldid=- (Version vom 6.5.2018)