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Verschiedene: Die Grenzboten (1841/1842), 1. Jahrgang, Band 1

sich in sein Inneres, und bildete sich in der Phantasie eine Welt, in der er seine Beschäftigung und sein Glück suchte. Malerei und Musik waren zu gleicher Zeit die Gegenstände seiner Thätigkeit; er zeichnete, malte in Oel und Aquarell, er fing sogar an, in der Kunst des Aetzens einige Geschicklichkeit sich zu erwerben. Aber welchen Reiz auch diese Arbeiten anfangs für ihn hatten, mit welchen, Eifer er auch sich ihnen hingeben wollte, dennoch trieb ihn eine täglich wachsende Neigung für die Musik, davon abzulassen; das Verlangen, sich ganz dieser Kunst zu widmen, gewann die Oberhand. Webers Vater wünschte nichts mehr, als dieser natürlichen Neigung die Hand zu leihen, aber er verstand es nicht, ihm eine strenge und methodische Anleitung zu geben. Zufällige Umstände, vielleicht auch Veränderlichkeit und Laune ließen ihn seinen Wohnort häufig wechseln, und die Folge davon war, daß sein Sohn immer neuen Lehrmeistern übergeben ward. Auf diese Weise mußte in seine Studien eine große Unsicherheit kommen, denn nicht selten verdammte ein Lehrer die Grundsätze, welche sein Vorgänger dem Knaben eingeprägt hatte. Aber grade der Widerspruch einer Methode gegen die andere spornte den jungen Schüler früh an, sich eigenem Nachdenken zu überlassen. Er wollte wissen, warum die Einen verwarfen, was den Andern gut schien, und woher es käme, daß man nicht allgemein über die Grundprincipien der Kunst einverstanden wäre. Eine jede Frage suchte er durch eigenes Urtheil zu entscheiden; er stellte Vergleichungen an, hielt die widersprechenden Ansichten, die man ihm fast zu gleicher Zeit vorlegte, gegen einander, und so gelang es ihm, sich eine Reihe natürlicher Grundsätze zur Theorie der Musik zu bitten. Von der Art war Webers erste Erziehung; freilich war sie nicht eben förderlich; sie würde bei jeder andern, minder sichern Natur fehlgeschlagen sein. Das Schwanken, die Unentschiedenheit, worin er durch den Widerstreit der Lehren, die man ihm beibrachte, lange Zeit gehalten wurde, hätte ihn allerdings irre führen können, aber die seltene Organisation seiner geistigen Natur bewahrten ihn vor dieser Gefahr. Wohl aber ist Grund vorhanden, zu glauben, daß die hastige Geschäftigkeit, der er sich überließ, den Keim zu körperlichen Uebeln legte, die seinen, Leben ein so frühes Ziel setzten.

Auf dem Clavier hatte Weber zum ersten Lehrer Hauschkel von Hildburghausen, einen vortrefflichen Mann, der zwar keine glänzende Ausführung besaß, den aber ein gesunder Geschmack von dem kleinlichen Charlatanismus freihielt, welchem oft große Meister sich nicht entziehen können. Er legte in seinen Zögling den Grund zu einem charakteristischen und kraftvollen Vortrage. Vor Allem bemühete er sich, ihm für beide Hände eine gleiche Fertigkeit zu geben, und Weber gestand in späterer Zeit gern ein,

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Verschiedene: Die Grenzboten (1841/1842), 1. Jahrgang, Band 1. Herbig, Leipzig 1841, Seite 291. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Grenzboten_1-1841.pdf/300&oldid=- (Version vom 6.5.2018)