Seite:Die Grenzboten 1-1841.pdf/295

Diese Seite wurde noch nicht korrekturgelesen. Allgemeine Hinweise dazu findest du auf dieser Seite.
Verschiedene: Die Grenzboten (1841/1842), 1. Jahrgang, Band 1

28k! Literatur erwarb, noch näher zu schildern. Cs ist leicht, Gold mit Kup¬ fer zu vermische», jeder Goldschmied versteht sich darauf; es ist leicht, Wein mit Wasser zu vermengen, jeder Kneip cnwirch versteht diese Kunst, aber ideale Unschuldswelt mit rauher Wirklichkeit zu paaren, das ist eine große Aufgabe, zu der es der genialen Kraft eines so seltenen Mannes bedarf, wie Herr Belani es ist, und um den Beweis zu geben, mit welcher wunderbaren Kraft dieses ausgeführt wurde, wollen wir hier das Pfuschwerk Schillers und die Meisterthat Belanis nebeneinanderstellen. Ideale

Rauhe Wirklichkeit. Noch stand die Sonne hoch am west¬ lichen Himmel, da flohen Wolken¬ schatten über den See nnd die Gegend dahin, so weit sie im Sonnenschein lagen. Hoch herab von den Gletschern hören wir ein dumpfes Krache». Das war der Donner der Sturzlawiuen im Hochgebirge. AuS der Hütte trat ein alter Mann hervor in damaliger Schweizcrtracht, doch mit über die Kniee herauf geschürzten Hosen, und lugte nach dem Wetter. Es war der alte wackere Schiffer Nuodi, der mit seiucm verständigen Wesen den Leuten dort fast als ein Wetterprophet galt. »He, Jenni," rief er dem unten im Kahne sich sorglos wiegenden Buben zu, "frisch auf! zieh' die Naue ein! — Hilf Heiland! was wird cö geben? Der graue Thalvoigt zieht herauf, das alte Ncbelgespenst, Gott erbarme sich! der hohe Firn brüllt dumpf, der Mythenstcin zieht die Haube über; kalt bläset der Wind aus dem Wcttcrloche. — Böse Anzeichen das! Ich meine, der Sturm wird losbrechen, ehe wir's denken!" — Indeß hatte der Senne mit seiner harmonisch läutenden Hccrde sich von der hohen Matte herabgezogen in's Thal. Er selbst schritt gemächlichvor¬ auf, mit dem hölzernen Melknapf am Riemen auf der Schulter hangend; der treue Hirtcnhund an seiner Seite; die schönste glatte Kuh von dunkelbrau¬ ner Farbe mit langen hängcndenWampen und breiter, wolliger Stirn folgte seinen Schritten zunächst von allen, denn sie trng die größte der ballcnsörmigen Knhglocken am Halsbügel, deren tiefen Tönen die ganze Heerde zu folgen gewohnt war. Der Senn¬ hirt, noch in kräftigen Jahre», mit einem schwarzen krausen Barte und

Hohes

Unschuldswelt.

Fclscnufcr Sees,

des Vicrwaldstädtcr

Schwytz gegenüber.

Der See macht eine Bucht i»S Land,

eine

Hütte

ist unwcit dem Ufer, Fischcrlnabc führt sich in einem Kahn, Ueber den Scc hinweg steht man die

grünen Matten, Dörfer und Höfe von Schwyß

im helle» Sonnenschein liegen. Zur Linken deS Zuschauers zeigen

sich die

Spitzen des Haken, mit

Wolken umgeben; zur Rechten im fernen Hinter¬ gründe sieht man die Eiögcbirgc, Roch ehe der Vorhang aufgeht, hört man den Kuhrcihcn und daö harmonische Geläute der Hccrdcnglockcn, wel¬ ches sich auch bei eröffneter Scene noch fortsetzt,

Ruodi,

der Fischer, kommt aus der Hütte,

AZerni, der Jäger, steigt uom Felsen. Kuoni, der Hirt, kommt mit den, Mclknnpf auf der Schulter; Scppi, sein Handbubc, folgt ihm, Ruodi, Mach' hurtig, Jenni. Zieh die Naue ein. Der graue Thalvogt kommt, dumpf brüllt der Firn, Der Mythenstcin zieht seine Hanbc an,

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Grenzboten (1841/1842), 1. Jahrgang, Band 1. Herbig, Leipzig 1841, Seite 286. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Grenzboten_1-1841.pdf/295&oldid=- (Version vom 31.7.2018)