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Verschiedene: Die Grenzboten (1841/1842), 1. Jahrgang, Band 1

282 waldfen den Schiller gemodelt und verhunzt, sondern mit kecken Herausfor¬ derden Blicken, mit freier, ja' wenn man will — frecher Stirne.Es gibt zweierlei Gattungen großer Männer. Die einen verrichten das Erhabene aus Instinkt, aus unbewußtem Naturdrange — die andern weit höher Stehenden haben stets das Bewußtsein ihrer That. HcrrB elani gehört zu der letzten Gattung. Man könnte vielleicht glauben, das Unternehmen des Herrn Bclani geschähe aus Instinkt, aus gewöhnlichem Geldinstinkt, und es handelt sich bloß darum, den Leihbibliotheken einiges Futter zuzuführen, und damit sie etwas lebhafter darnach schnappen, als nach dem gewöhnlichen Häckerling, so schneidet man ihnen etwas Schiller hinein! Hat doch Judas den Herrn für 30 Silberlinge verkauft, warum sollte Herr Belani sich scheuen sür eine ähnliche Summe den Teil zu belanisiren. Aber die Leser würden mit solchen Gedanken der schönen bclanischcn Seele himmelschreiendesMrccht thun. Herr Bclani hat große Zwecke im Auge und man muß seine Borrede lesen, um zu begreifen, welche Absichten ihn leiten und wie väterlich uud gut er es mit unserer Literatur meint. Wir theilen unsern Lesern Einiges aus dieser merkwürdigen Vorrede mit: „Schillers Dramen sind bereits in das deutsche Volk gedrungen. Wohl in keiner gebildeten Familie möchte ein Exemplar von Schillers Werken fehlen; ob sie aber so viel gelesen werden, wie es ihre Schönheit fordert, ob sie im Allgemeinen so verstanden wer¬ den, um als lebendes Bild in der Seele zu reflectiren — das ist eine andere Frage, und eine schärfere Beobachtungdes deutschen Volkslebens, zumal in der Nichtnng unserer Zeit, wird es kaum im Zwei¬ fel lassen, daß diese herrlichen Dramen noch lange nicht in dem Grade po¬ pulär geworden sind, wie sie es verdienen. „Zwei Gründe treten einem solchen Eindringen derselben in das Volks¬ leben entgegen. „Zuerst: das geschriebene (oder gedruckte) Drama ist nur eine Klaue des Löwen, (!) d. h. gewährt nur durch die (nichtdramatische) Lectüre einen Theil der ästhetischen Wirkung, welche erst durch eine — noch dazu vollen¬ dete — Darstellung erreicht werden kann. Die Illusion — ein Hauptzweck jedes Kunstwerks — erfordert, nach Zweck und Bestimmung eines Drama, die Belebung der Dichtung durch Darstellung und Decomtion. Nur die mit Poesie, Phantasie und höherer ästhetischer Bildung begabten Geister

") Wirklich? Ei, ei!

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Verschiedene: Die Grenzboten (1841/1842), 1. Jahrgang, Band 1. Herbig, Leipzig 1841, Seite 282. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Grenzboten_1-1841.pdf/291&oldid=- (Version vom 31.7.2018)