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Verschiedene: Die Grenzboten (1841/1842), 1. Jahrgang, Band 1

Literatur.
Ueber die neueste politische Poesie der Deutschen.
Eine Glosse von Th. Creizenach
„Ein garstig Lied! Pfui, ein politisch Lied.“     

„Dankt Gott jeden Morgen, daß ihr nicht braucht für's römische Reich zu sorgen!“ So spricht Göthe, und obwohl er diese Worte einem lüderlichen Gesellen in den Mund legt, so ist doch nicht zu bezweifeln, daß seine eigene Ansicht darin ausgedrückt sei. Auch später tadelte er, wie uns Eckermann berichtet, die von andern hochgepriesene politische Richtung Uhlands. So weit die Lehre vom „unmittelbaren Genie“ noch ausschließliche Geltung hat, wird man dieses Credo vielleicht noch beschwören; denn jede Beimischung einer Tendenz, sie sei noch so edel, gibt dem Gedicht einen Zweck, und man weiß, wie fatal dieses Wort in der Poesie klingt. Die neueste Zeit urtheilt anders. Viele Productionen, die vor der ästhetischen Kritik nicht bestehen können, sind durch ihre Gesinnung zu großer Anerkennung gekommen. Gervinus schließt die Vorrede zum vierten Bande seiner Literaturgeschichte mit den Worten des Percy Heißsporn: „Dichten? ich wäre ein Kätzchen lieber und schrie Miau, als einer von den Versballadenkrämern. Lieben! Ist dies ’ne Welt zum Puppenspielen und mit Lippen fechten?“ – Gervinus, von der „jungen Literatur“ eben so stark angefochten, als – geplündert, hat gewiß in dem eben genannten Buche ein Werk geliefert, das ein Geschenk für die Nation genannt werden kann. Die dunkelsten Zeiten, die verworrensten Richtungen, weiß er durch großartig gefaßte historische Prinzipien zu beleben; es sind wenig deutsche Gelehrten durch so viel

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Verschiedene: Die Grenzboten (1841/1842), 1. Jahrgang, Band 1. Herbig, Leipzig 1841, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Grenzboten_1-1841.pdf/168&oldid=- (Version vom 31.7.2018)