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Anders die Landeshoheit. Die sie berührenden Rechte, die ursprünglich überhaupt Kronrechte waren, sind insonderheit Waffen- und Steuerrecht (nach welchen beiden Schröder seine Karte entwarf, um in dem unentwirrbaren schwäbischen Rechts- und Hoheitsknäuel überhaupt einen giltigen Maßstab zu haben), Münzrecht, hohe Gerichtsbarkeit, Geleitrecht (Überwachung von Handel und Wandel, Beaufsichtigung der Straßen), Kirchenhoheit, Judenschutz u. ä. Diese gingen nicht ohne spezielle Begabung von der Reichshoheit an die niedern Gebietshoheiten über, und zwar jedes für sich je nach Verlautbarung.

Als deshalb 1806 das heilige römische Reich deutscher Nation in Trümmer ging, war die Territorialbildung noch nicht so weit fortgeschritten, daß jedes Hoheitsgebiet auch schon die volle Landeshoheit besaß. Und als die Landeshoheit im gesamten an den neuen Bayernstaat überging, mußten über jede „Herrschaft“ ganze Aktenbände angelegt werden, um deren Verhältnisse nur einigermaßen zu klären, wenigstens in ihrer geschichtlichen Entwicklung, womit beileibe nicht gesagt sein soll, daß sie hiedurch immer glashell geworden wären. – Von obgenannten hohen Rechten handelte es sich bei Übertragung solcher an kleinere Herren meist um die hohe Gerichtsbarkeit. Geleits- und Münzrecht kamen, ihrer Natur nach, kaum in Betracht. Kirchenhoheit und Judenschutz wurden in unserer Zeit schon als selbstverständliche Attribute des Grundherrn betrachtet; doch brachte die Reformation hier einigen Wandel, wie wir sehen werden, schärfere Anspannung durch den Größeren. Zur hohen Gerichtsbarkeit rechneten die 4 todeswürdigen Verbrechen (Wändel) des Mordes, des Raubes, des Brandes, der Notzucht, auch größere Diebstähle, Münzfälschung, Ketzerei, Sodomie, Urteil über persönliche Freiheit und freies Eigen (Blutbann, Wildbann). – Wie man sieht, war die Zuständigkeit oft schwer zu bestimmen. Der sonderbare Allgäuer Brauch, daß ein verziehender Untertan seinem bisherigen Grundherrn gerichtsbar und steuerpflichtig blieb, machte die Sache nicht durchsichtiger und leichter durchführbar. Doch behalf man sich hiegegen später durch gegenseitige Verträge. – Was dann das von Schröder als Wesenskonstitutivum der Landeshoheit deklarierte Steuer- und Waffenrecht betrifft, um überhaupt noch einen Maßstab für dieselbe zu besitzen, so schlossen sich die kleineren Hoheiten in sogenannten Ritterkantonen zusammen, die durch ihre Direktorien in Einhebung der Steuern und Aushebung der Mannschaften handelten.

Wie machte sich nun all dies am Ort?

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Ludwig Mayr: Geschichte der Herrschaft Eisenburg. Selbstverlag, Steinbach bei Memmingen 1914–1918, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Geschichte_der_Herrschaft_Eisenburg_Ludwig_Mayr_129.jpg&oldid=- (Version vom 1.4.2023)