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Orangenhaine zu der tiefblauen Meerflut hinab, welche, hier die ganze glorreiche Pracht des italienischen Himmels zurückstrahlend, um die Klippenufer wallt und schäumt. Keine Palette hätte Farben, um dies auch nur annähernd wiederzugeben; aber vielleicht hat Catel eben mit seiner bescheidenen Pinselführung mehr erreicht, als ein Virtuose des Kolorits es vermöchte.

Ein nicht minder schätzbarer Landschafter als Catel, ihm verwandt in dem heiligen Ernst und durchdringenden Scharfblick, mit dem sein Sinn sich immer auf die grossen und wesentlichen Züge in der Physiognomie der Natur richtete, war Joseph Rebell. Nur wessen Auge durch die Farbenkunststücke neuerer Virtuosen geblendet ist, kann die hohen Verdienste dieses Mannes verkennen. In seiner Ansicht von Capri hat er mit den einfachsten Mitteln eine wunderwürdige Wirkung hervorgebracht. Die ganze Magie eines italienischen Sonnenunterganges, wie das sinkende Taggestirn sein letztes glühendes Gold auf die Felsen- und Klippenwarten der Insel und auf die im leisen Windhauche des Abends plätschernden Meereswellen senkt, ist über dieses reizende Bild verbreitet. Dabei drängt sich nirgends der selbstgefällige Künstler vor, der seine Meisterschaft bewundert sehen will; es genügt ihm, dass wir in dem wonnigen Anblicke schwelgen, den er selbst mit tiefempfindender Seele genossen und so, wie er ihn empfunden, an der Staffelei reproducirt hat. Wie viele Ansichten von Capri auch aufgenommen worden sind – ich kenne keine, welche uns dieses Wundereiland so lebendig, nicht bloss vor das äussere, sondern auch vor das innere Auge stellte, welche uns mit so bestrickender Macht in seine vom Wogenschlag tönenden Grotten, auf seine sonnigen Felsvorsprünge und Halden, in die wie zum Träumen geschaffene Einsamkeit seiner Thäler lockte. – Auch das andere Bild Rebells, welches das in einem Garten des üppigsten südlichen Pflanzenwuchses gelegene Städtchen Casamicciola auf Ischia darstellt, bezeugt, wie liebevoll Rebell sich mit ganzer Seele in die Natur versenkte, wie er die empfangenen Eindrücke nicht allein treu wiederzugeben, sondern sie uns auch an das Herz zu legen wusste.

Eine ähnliche Richtung verfolgte Karl Rottmann, der wohl unbestritten als der grösste Landschaftsmaler neuerer Zeit dasteht. Da dessen Bilder sehr begehrt werden, muss ich es als eine Gunst des Schicksals anerkennen, dass meine Bemühungen, einige charakteristische Proben seines hohen Talentes zu erlangen, von Erfolg begleitet gewesen sind. Dieselben bekunden die seltene, beinahe einzige Gabe Rottmanns, eine Landschaft in ihren grossen Formen, den hervorstechenden Zügen ihrer Physiognomie plastisch aufzufassen, aber auch die andere glänzende Seite seines Genius, welcher ebenso, wie er die äusseren Gestaltungen der Natur prägnant hevorzuheben verstand, auch deren Sinn und Geist, der sich uns in gehobenen Momenten kundgibt, in lyrischer Begeisterung auszudrücken wusste. Ein kleines Bild aus seiner früheren Periode: Eine Ansicht des Kochelsees im bayerischen Gebirge, zeigt seine Kunst noch nicht in ihrer vollen Entfaltung, trägt aber doch schon das Gepräge der Hand, welche später noch so viel Herrliches schaffen sollte. Wenn Autographensammler schon ein Blatt mit den Schriftzügen eines bedeutenden Autors als ein kostbares Besitztum betrachten, wie viel teurer muss einem Kunstfreunde nicht das Erstlingswerk eines grossen Malers sein, das ihn das früheste, oft noch unsichere, oft aber schon erfolgreiche Ringen desselben sehen lässt! – Auf einer ganz anderen Höhe steht Rottmann schon in seinem Hohen Göll im Abendglühen, vom Hintersee aus gesehen. Die Abendfeier der Natur im Momente des Sonnenunterganges, wenn die verglühenden Strahlen auf einem Alpengipfel ruhen und der letztere von den tiefklaren Wellen eines Bergsees zurückgespiegelt wird, liesse sich nicht schöner zur Erscheinung bringen, als es hier geschehen ist. Rottmann selbst hat dieses Bild in grösserem oder kleinerem Formate verschiedentlich wiederholt und bis auf den heutigen Tag zahllose Nachahmer gefunden, welche dieselbe Gegend in demselben Momente zu malen versucht haben, ohne doch ihr Vorbild erreichen zu können. Noch jetzt ist in jedem Sommer und Herbste der kleine, unfern der Ramsau gelegene Hintersee an schönen Abenden von Scharen junger Künstler umlagert, die ihre Blicke nach dem Hohen Göll richten und die wechselnden Tinten, welche die sinkende Sonne auf seine Firnen schüttet, mit ihrem Pinsel festzuhalten suchen. – Das Terrain, auf dem er die höchsten Triumphe feiern sollte, betrat Rottmann erst, als er Italien und später Griechenland bereiste. Bei den unvergleichlichen Gemälden, in welchen er das erste jener Länder in allen seinen mannigfaltigen Reizen geschildert hat, wie noch kein anderer, ist höchlich zu beklagen, dass sie an den Wänden eines nur spärlich gegen die Einflüsse von Wind und Wetter geschützten