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der alten Zeit gebildet hat. Der Künstler hat kein bestimmtes Vorbild vor Augen gehabt; seine Lieblinge waren vor allen: Tizian, der grösste Porträtmaler, den die Welt gesehen, Tintoretto, Rubens, Van Dyk, Rembrandt und Velasquez; dann auch Reynolds und Gainsborough, die beiden trefflichen Engländer, die sich würdig an jene hohen Meister anreihen. – Wie er sich von ihrem edlen Geiste hat durchdringen lassen, zeigt besonders sein Selbstporträt, das 1867 auf der Pariser Ausstellung Aufsehen erregte. Man kann ein gutes Bildnis daran erproben, ob es auch ohne Rücksicht auf die dargestellte Person Interesse hervorruft; wenn es den Charakter, das innere Wesen eines Menschen, nicht bloss dessen äussere Physiognomie wiedergibt, so wird es nach Jahrhunderten ebenso interessiren, wie heute. Nur dann ist es ein ächtes Kunstwerk, und auf diesen Namen haben Lenbachs Bildnisse vollgültigen Anspruch. An seinem Selbstporträt ist oft getadelt worden, es habe das Aussehen eines alten Bildes; man glaube, es stelle einen schon vor Jahrhunderten Gestorbenen vor, und infolge seiner allzu tiefen Farbe werde es mit der Zeit bis zur völligen Unkenntlichkeit nachdunkeln. Das letztere ist mir nicht wahrscheinlich; denn in den vielen Jahren, seit ich das Bild besitze, hat es sich nicht verändert. Aber auch der Vorwurf, der in der ersten Bemerkung enthalten sein soll, scheint mir unbegründet; wie es glorreich für einen Dichter wäre, ein Drama geschrieben zu haben, das für ein Werk Shakespeares gelten könnte, so gereicht es auch nur zu Lenbachs Ruhm, wenn Kunstfreunde sagen, sein Bild könne von Rembrandt gemalt sein.

Einen ganz eigenen Schmuck, wie ihn keine andere besitzt, habe ich meiner Galerie durch zwei Landschaften und ein Genrebild dieses Künstlers verliehen. Sie sind auf folgende Art entstanden. Lenbach hatte sich im Spätsommer 1867 auf meinen Wunsch nach Madrid begeben, um einige der herrlichsten Bilder des dortigen Museums für mich zu kopiren. Ihn begleitete, zu demselben Zweck, der damals erst zwanzigjährige, sehr begabte Ernst von Liphart, Sohn meines langjährigen Freundes, des berühmten Kunstkenners. Im April 1868 brach ich dann selbst nach Spanien, dem Lande meiner besondern Vorliebe, auf, um mit den beiden Malern einen Ausflug nach Andalusien zu machen. Ich verweilte zunächst einige Wochen in Madrid, in den Kunstschätzen des einzigen Museums schwelgend, und meine vielen litterarischen Freunde aufsuchend. Sodann reisten wir nach Cordova ab. Hier, wie in ganz Andalusien, konnte uns für die Denkmale der maurischen Herrschaft in welchen, nebst den unvergleichlichen Naturschönheiten, die Hauptanziehungskraft dieses paradiesischen Landstriches besteht, mein eigenes Werk über „Die Kunst und Poesie der Araber in Spanien und Sicilien“ als Führer dienen. Mich veranlasste zu dieser Reise zugleich der Wunsch, durch wiederholte eigene Besichtigung der Reste arabischer Kunst die Irrtümer, die sich in mein Buch eingeschlichen haben konnten, für eine neue Auflage zu berichtigen. Auch Lenbach und Liphart hatten durch Lektüre meines Werkes lebhaftes Interesse für das hochgebildete Volk gewonnen, das bis auf heute so glänzende Zeugnisse seiner Kultur auf spanischem Boden hinterlassen hat. In Cordova verbrachten wir halbe Tage in der grandiosen Moschee, dem vielleicht merkwürdigsten Bauwerke der Welt, um sie uns in allen ihren Teilen einzuprägen. Die Moschee von Damaskus, von welcher Viele eine übertriebene Vorstellung haben und die ich seitdem zweimal besucht, kann gar nicht mit ihr in Vergleich kommen; dieselbe ist in ihrer jetzigen Gestalt auch ein viel jüngerer Bau, da der ältere durch Timur verwüstet und niedergebrannt worden ist. Wir forschten, aber fruchtlos, auf einer öden, mit Steingeröll und Gestrüppe überdeckten Felsplatte am Guadalquivir nach sicheren, noch an ihrer Architektur erkennbaren Resten des Chalifenpalastes, der dort gestanden. Gibt sich die Hinfälligkeit und Wandelbarkeit alles Irdischen