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so zusammengeschossen, daß 86 Engländer tot, 83 verwundet waren und der Rest sich ergeben mußte; die Buren ihrerseits hatten nur einen Toten und fünf Verwundete verloren! Als darauf 4500 Mann Verstärkung aus Indien und eine Batterie aus Sankt Helena angelangt waren, versuchte General George Colley, der von der Not der belagerten Besatzungen unterrichtet war, durch den von 1000 Buren verteidigten Paß von Laings Neck (= lange Schlucht) nördlich von Newcastle in Transvaal einzubrechen, wurde aber am 28. Januar 1881 mit einem Verlust von 194 Mann gänzlich zurückgeschlagen; die von Joubert selbst befehligten Buren verloren nur 43 Mann. Darauf umging eine Burenabteilung unter General Nikolas Smit die Engländer und schnitt sie von der Stadt Newcastle ab; ein Versuch, den Weg am Ingogofluß hin frei zu machen, trug Colley eine neue Niederlage ein, wobei die sicher zielenden Buren nicht nur eine Menge seiner Offiziere, sondern auch fast alle Artilleristen wegschossen: die englischen Kanonen und Lafetten „waren mit Burenkugeln buchstäblich übersät; eine Kanone bedienen war sicherer Tod“.

Jetzt faßte Colley einen verwegenen Entschluß. Unter ungeheuren Schwierigkeiten brachte er in der Nacht des 26. Februar 1881 nach achtstündigem Klettern einen Teil seiner Soldaten, zusammen 650 Mann, und mehrere Geschütze auf den Majubaberg, der 2000 m überm Meer liegt, also fast die Höhe des Pilatus hat; er überragte das etwa 1330 m überm Meer befindliche Lager der Buren bei Laings Neck noch um fast 700 m.

Der General hoffte von hier aus das Lager der Feinde so beschießen zu können, daß sie entweder den Paß aufgeben müßten oder sich zu einem Sturm genötigt sehen würden, auf den sie bei ihrer Fechtart, die mehr auf Verteidigung gerichtet war, nicht eingeübt waren.

Specialkarte vom Kriegsschauplatz in Natal.

Aber das Unerwartete geschah, und es geschah mit blitzähnlicher Schnelligkeit. Kaum sahen die Buren mit ihren scharfen Augen die Rotröcke auf der etwa vier Morgen großen Kuppe des Majuba, kaum flogen die ersten englischen Granaten in ihr Lager, als der Obergeneral Joubert (es war gegen sechs Uhr morgens) dem General Smit, dem Helden vom Ingogo, den Befehl gab, den Berg um jeden Preis zu nehmen. Die Mannschaften hatten sich bereits ganz von selbst gesagt, daß nichts anderes übrig bleibe; einer rief es dem andern zu: 150 bis 200 Freiwillige traten sofort vor, und geführt von dem General Smit, dem Kommandanten Ferreira, den Feldkornettsassistenten Stephanus Roos, Malan und Trichhard stürmten sie, die Vorsprünge des steilen Berges klug als Deckung benutzend, von drei Seiten her den Majuba hinan und erreichten etwa um elf Uhr glücklich seine Spitze. Die grauen Jacken der Buren hoben sich kaum von den grauen Felsblöcken ab, mit denen die Bergspitze übersät ist; hinter jedem Felsen hervor krachten die Schüsse, fast nie ihr Ziel verfehlend, während die englischen Rekruten, die in Colleys Schar zahlreich waren, „Fabrikarbeiter, denen man den roten Rock angezogen hatte“, planlos ihr Pulver verschossen. Von allen Seiten gefaßt und niedergemäht, des tapferen Anführers beraubt, der in dem furchtbaren Kreuzfeuer fiel, jagten die Engländer am Ende in wilder Flucht den Berg hinab, wobei viele den einzigen schmalen Fußpfad verfehlten und, über Abgründe stürzend, zerschellten. Etwa 90 Engländer fanden den Tod, 133 wurden verwundet, 57 gefangen; darunter waren 4 tote, 8 verwundete, 6 gefangene Offiziere; der Verlust der Buren betrug nach Stephanus Roos’ Zeugnis nur 2 Tote und 4 Verwundete. Auf dem Schlachtfeld entblößten die Sieger ihre Häupter, und brausend erklang ihr Dankespsalm; still kehrten sie dann in ihr Lager zurück und bereiteten ihr Abendbrot: kein Jubeln, kein Schreien, kein Trinkgelage hörte man; aber man sah sie eifrig bemüht, die Leiden der verwundeten Feinde barmherzig zu lindern. Wenn je Christen waren, so waren sie es am Abend des 26. Februar im Lager von Laings Neck.

Der Sieg auf dem Majuba brachte dem tapferen Volke aber auch die Freiheit. England hatte die kriegerische Kraft und den Todesmut der Buren kennengelernt; und niemand konnte mehr in Abrede ziehen, daß die Handlung der Einverleibung in der That eine brutale Gewaltthat gegen ein Volk gewesen war, dessen wahre Gesinnung jetzt vor aller Welt offen lag. Es trat infolge der Vermittelung des Präsidenten Brand vom Oranjefreistaat eine Waffenruhe ein, und es wird Gladstone und Lord Kimberley immer zur Ehre gereichen, daß sie, ohne Rücksicht auf die Stimmen, welche neuen Krieg mit übermächtigen Mitteln und Herstellung der verlorenen Waffenehre forderten, den Mut hatten, sich zu sagen, daß der weitaus Stärkere ruhig einen Schritt thun kann, der den Schwachen entehren würde, und daß Einlenken jetzt ebenso gerecht als klug sei; bei längerem Krieg war der Abfall der holländischen Bevölkerung am Kap zu befürchten.




Der Krieg in Südafrika. (Zu unseren Bildern). Von den befestigten Plätzen, in denen es den Buren bald nach Ausbruch des Krieges gelungen war, größere Truppenkörper der Engländer einzuschließen, und auf deren Entsatz sich die Operationen des Generals Buller mit den frischen Truppen aus England zunächst richten mußten, ist Kimberley der bedeutendste. Bei der letzten Zählung der Bevölkerung betrug dieselbe gegen 40000 Einwohner, die Hälfte davon waren Weiße. Sein Entstehen und schnelles Wachstum verdankt der Ort den Diamantminen in seiner Nähe. Er wurde zum Mittelpunkt einer Diamantenindustrie, deren Ertrag 1892 einen Wert von 78 Millionen darstellte. Als vor 30 Jahren die ersten Diamantfunde gemacht wurden, annektierte England mit Hilfe des Griquahäuptlings Waterboer (vergl. Sonderbeilage zu Nr. 49, Seite 2) die damals zum Oranje-Freistaat gehörige Gegend und schlug sie zu Westgriqualand, das schon in seinem Besitz war. Erst nachträglich fand es sich bereit, eine Entschädigung von zwei Millionen Mark an den Oranje-Freistaat zu zahlen. Die Stadt hat heute verschiedene Hotels, ein Hospital, ein Sanatorium, eine städtische Bibliothek, welche die größte in ganz Südafrika ist. Gewissermaßen als Vorstadt von Kimberley ist Beaconsfield zu betrachten. Der Oberkommandant der westlichen Burenarmee, Pieter Cronje, stellte sich gleich nach Ausbruch des Kriegs die Aufgabe, diese reiche und strategisch wichtige Stadt zu erobern. Daß Cecil Rhodes, der zu den ersten Ausbeutern der Diamantgruben zählte und später als Direktor der „Chartered Company“ der rücksichtsloseste Vorkämpfer der englischen Geldinteressen in Südafrika wurde, sich in Kimberley aufhielt, dieser Umstand erhöhte den Eifer der Belagerer, die jedoch wochenlang den von 2500 Mann unter Oberst Kekewich verteidigten Ort vergeblich beschossen. Der Ort ist schwer einzunehmen, zumal die Stein- und Schuttmassen und die Gräben bei den Minen natürliche Befestigungen bilden. Bis zum 4. Dezember war es andrerseits den Belagerern unter Kommandant Dutoit auch stets gelungen, die oft sehr heftigen Ausfälle zurückzuschlagen.

Mit dem Entsatz von Kimberley wurde von Buller die um eine

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verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 836_i_3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0836_i_3.jpg&oldid=- (Version vom 12.9.2022)