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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

Inhalt.

Seite
Der König der Bernina. Roman von J. C. Heer (4. Fortsetzung) 709
Die deutschen Achtundvierziger in Amerika. Von General Franz Sigel. 720
Aus Andreas Hofers Heimatsthal. Von Karl Wolf. Mit Abbildungen 724
Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit. Mit Abbildungen 727
Galeerensklaven! Ein Mädchenschicksal, erzählt von Hans Arnold (Anfang) 728
’S ischt über d’Nacht e Rife cho. Gedicht von F. Bochazer. 736
Der angebliche Weltuntergang im November. Von Dr. H. J. Klein 736
Blätter und Blüten: Franz Reuleaux. (Zu dem Bildnis S. 709.) S. 738. – Heinrich der Löwe vor Kaiser Barbarossa. (Zu dem Bilde S. 712 u. 713.) S. 738. – Der Rhumesprung. (Mit Abbildung.) S. 739. – Die neue Elbbrücke zwischen Hamburg und Harburg. (Mit Abbildung.) S. 739. – Wildkatzenmutter mit ihren Jungen. (Zu dem Bilde S. 717.) S. 739. – Die leere Wiege. (Zu dem Bilde S. 721.) S. 739. – Mostpresse in Oberösterreich. (Zu dem Bilde S. 729.) S. 739. – Karl Ditters v. Dittersdorf. (Mit Bildnis.) S. 740. – Ein Freund in der Not. (Zu dem Bilde S. 733.) S. 740. – Die Verlängerung eines Kriegsschiffes. (Zu dem Bilde S. 737.) S. 740. – Die Chronica. (Zu unserer Kunstbeilage.) S. 740.
Illustrationen: Franz Reuleaux. S. 709. – Heinrich der Löwe vor Kaiser Barbarossa. Von Peter Janssen. S. 712 u. 713. – Wildkatzenmutter mit ihren Jungen. Von Ludw. Beckmann. S. 717. – Die leere Wiege. Von Eug. Buland. S. 721. – Abbildungen zu dem Artikel „Aus Andreas Hofers Heimatsthal“. Der Sandhof und die neue Hofer-Kapelle im Passeier. S. 725. Andreas Hofer. S. 727. – Abbildungen zu dem Artikel „Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit“. Lichtprüfer für Arbeitsplätze. Wäschemangeln mit elektrischem Antrieb. S. 728. – Mostpresse in Oberösterreich. Von W. Gause. S. 729. – Ein Freund in der Not. Von Heywood Hardy. S. 733. – Die Verlänngerung des Küstenpanzers „Hagen“ auf der Kaiserlichen Werft zu Kiel. S. 737. – Der Rhumesprung. S. 739. – Die neue Elbbrücke zwischen Hamburg und Harburg. S. 739. – Karl Ditters v. Dittersdorf. S. 740.
Hierzu Kunstbeilage XXIII: „Die Chronica“. Von Rich. Linderum.




Kleine Mitteilungen.

Dr. Karl Ruß †. Ein ausgezeichneter Beobachter und Kenner der Vogelwelt, der die Ergebnisse seines Forschens in echt volkstümlicher Weise darzustellen verstand, ist in Dr. Karl Ruß am 29. September dahingegangen. Aus seinem „Handbuch für Vogelliebhaber“, seinem „Lehrbuch der Stubenvogelpflege“, dem großen Werke über die „Fremdländischen Stubenvögel“, wie aus den Leitfäden zur Zucht und Pflege des Kanarienvogels, des Wellensittichs, der Tauben, Finken, Hühner, Papageien haben viele Tausende wichtige Ratschläge und Fingerzeige für die Erhaltung und Zähmung ihrer gefiederten Lieblinge geschöpft. Dasselbe ist der von Ruß seit 1872 herausgegebenen Zeitschrift „Die gefiederte Welt“ nachzurühmen. Karl Ruß stammte aus Westpreußen, wo er am 14. Januar 1833 zu Baldenburg geboren war. Nachdem er in Berlin Naturwissenschaften studiert hatte, entfaltete er von hier aus seine außerordentlich fruchtbare litterarische Thätigkeit, die sich auch auf andere Gebiete der Naturkunde erstreckte. Die „Gartenlaube“ verliert in dem Verstorbenen einen hochgeschätzten Mitarbeiter.

Zur Erinnerung an Christian Friedrich Schönbein. Seit Jahrzehnten nimmt die Schießbaumwolle unter den Sprengmitteln der Neuzeit einen hervorragenden Platz ein. Am 18. Oktober sind hundert Jahre vergangen, da der Entdecker dieses im Krieg und Frieden so wichtigen Stoffes das Licht der Welt erblickte. Christian Friedrich Schönbein war ein Schwabe, seine Wiege stand in Uetzingen, einem kleinen Orte zwischen Nürtingen und Reutlingen. Er genoß eine einfache, aber sorgfältige Erziehung und trat im 14. Lebensjahre als Lehrling in eine chemische Fabrik zu Böblingen. Schon hier zeichnete er sich durch Eifer und Arbeitstreue sowie Geschicklichkeit aus und war von dem Bestreben beseelt, die freie Zeit wissenschaftlichen Studien zu widmen. Im Jahre 1820 erhielt er auf Verwendung seines Prinzipais eine Stellung bei Dr. J. G. Dingler in Augsburg, der durch die Publikation des weitverbreiteten „Polytechnischen Journals“ berühmt war und damals eine Fabrik chemischer Produkte besaß. Dann ging er noch in eine chemische Fabrik nach Gamhofen bei Erlangen. Die Nähe der Universität bot ihm Gelegenheit, seine Studien fortzusetzen, bis es ihm möglich wurde, im Herbst des Jahres 1821 die Universität seines Heimatlandes in Tübingen zu beziehen. Nach zweijährigem Aufenthalt daselbst begann er als Lehrer in Keilhau bei Rudolstadt zu wirken, ging dann nach England, wo er an einem Institut in Epsom Chemieunterricht gab, besuchte auch die Pariser Universität und wurde schließlich im Jahre 1828 an die Universität Basel berufen, an der er bis an sein Lebensende thätig blieb. Er starb am 29. August 1868 auf dem Gute Sauersberg bei Baden-Baden auf der Heimreise von Wildbad an einem Karbunkel.

Als Schönbein in seinem Laboratorium das Wasser mittels des elektrischen Stromes in seine Bestandteile zersetzte, merkte er bei diesem Prozeß den eigenartigen Geruch, der auch nach Blitzschlägen etc. aufzutreten pflegt. Er beschloß, das Wesen desselben zu erforschen, und stellte den Ozon dar, der nach jahrelangen mühevollen Versuchen als ein im besonderen aktiven Zustand sich befindender Sauerstoff erkannt wurde. Im Verlauf dieser Arbeiten entdeckte er auch die Schießbaumwolle. Schon im Jahre 1845 prüfte er die Einwirkung einer Mischung von Schwefel- und Salpetersäure auf verschiedene Körper. In dieser Flüssigkeit wurde das Papier in einen pergamentähnlichen Stoff verwandelt, Rohrzucker lieferte einen harzähnlichen Körper. Zu Anfang des Jahres 1846 tauchte er Baumwolle in das erwähnte Gemisch, und diese wurde, ohne ihr Ansehen merklich zu verändern, in einen Stoff verwandelt, der beim Entzünden wie Pulver explodierte. Schönbein hielt anfangs die Herstellung des neuen Sprengstoffes geheim und stellte in Basel mit Hilfe der Militärbehörden verschiedene praktische Versuche an. In ähnlicher Weise suchte er in England die Schießbaumwolle in die Sprengtechnik einzuführen. Er verband sich dann mit Professor Böttger aus Frankfurt a. M., dem es Ende des genannten Jahres gleichfalls gelungen war, die Schießbaumwolle darzustellen. Die neue Erfindung wurde in England patentiert und von der österreichischen Regierung angekauft.

Schönbein fand auch, daß die Schießbaumwolle sich in einer Mischung von Aether und Alkohol löse. Er gab dieser Lösung den Namen „Klebäther“. Die Amerikaner nannten sie später Kollodium, nach dem griechischen Worte kollôsea (klebrig). Schönbein empfahl sie bereits als Deckmittel für Wunden; in der Photographie leistete das Kollodium bei der Herstellung der Platten hervorragende Dienste. Die wichtige Ausnutzung seiner Entdeckungen in der Fabrikation des Celluloids und des rauchlosen Pulvers hat Schönbein nicht mehr erlebt.

Ein Gaszimmerofen für elektrische Beleuchtung – diese Bezeichnung scheint einige Widersprüche einzuschließen, ist aber der ganz zutreffende Ausdruck für eine merkwürdige Erfindung des Physikers Dr. Girard zu Chantilly, durch welche mehrere schwierige und wichtige Aufgaben der jüngsten Zeit miteinander verknüpfte und dadurch anscheinend einer glücklicheren Lösung entgegengeführt sind. Die eine von diesen Schwierigkeiten betrifft die Erzeugung von Elektricität aus Wärme mit Umgehung des Dampf- und Dynamoapparats. Man hat dieses Problem schon vor längerer Zeit und auch neuerdings wieder durch die Thermosäulen zu lösen gesucht, deren Wirksamkeit darauf beruht, daß gewisse durch Lötuug miteinander verbundene Metalle bei einseitiger Erhitzung und andersseitiger Abkühlung ihrer Lötstellen einen elektrischen Strom erzeugen. Eine ganze Reihe solcher Thermoelemente, beispielsweise aus Antimon und Wismut zu einem Kranz oder einer Säule zusammengesetzt und auf der einen Seite erwärmt, auf der anderen abgekühlt, erzeugt einen andauernden, ziemlich starken elektrischen Strom, der freilich zur praktischen Verwertung zu teuer wird. Eine sinnreiche Anordnung der Thermoelemente und der Heizquellen hat neuerdings zu etwas besseren Erfolgen geführt, aher bei weitem nicht dahin, eine der Dynamomaschine gleichwertige Elektricitätsquelle zu schaffen. Ein äußerst glücklicher Gedanke war es nun, dies Problem mit einem anderen zu verknüpfen, dessen Schwierigkeiten ebenfalls auf ökonomischem Gebiete liegen, mit dem Gasheizofen. Vor der Holz- oder Kohlenfeuerung hat die Gasheizung offenbar in ihrer Sauberkeit, leichten Bedienung und Regulierbarkeit, besonders aber, weil man der Mühe überhoben ist, den täglichen Brennstoffbedarf vom Keller in die Stube schaffen zu lassen, eine Reihe von großen Vorzügen. Nur ein Fehler steht dem gegenüber, der hohe Preis des Steinkohlengases, das ja zum Leuchten und nicht zum Heizen gemacht wird. Girards Erfindung erinnert nun an die Geschichte vom Blinden und Lahmen, von denen jeder einzelne nicht von der Stelle kam, während sie vereint ganz gut dazu imstande waren.

Sein thermoelektrischer Ofen hat nämlich die Form rines cylindrischen Gasheizofens mit Strahlungsrippen. Die thermoelektrischen Elemente, aus Nickel und einer Antimonlegierung zusammengesetzt, befinden sich in einem Mantelraum zwischen der äußeren Ofenwand und einem inneren für das Aufsteigen der Feuergase bestimmten Rohre. Jedes Element ist einzeln mit Asbest umhüllt und in einen Eisenblechmantel gelegt, die ganze Anordnung aber ist derart, daß die inneren Köpfe der Elemente sich unter der Einwirkung der Gasflammen stark erhitzen, die äußeren unter der Wirkung der Außenluft sich abkühlen. So wird beim Feuern des Gasofens behufs Zimmerheiznng gleichzeitig ein elektrischer Strom erzeugt, der zur Speisung von zwei Glühlampen zu je 16 Kerzen ausreicht. Heizt man also den Ofen abends, so hat man gleichsam eine Gratisbeleuchtung, heizt man ihn bei Tage, so ist es möglich, den Strom in Akkumulatoren aufzuspeichern und abends sogar in stärkerer Konzentration zur Speisung einer größeren Lampenzahl zu verwenden. Bw.     

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 708_d. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0708_d.jpg&oldid=- (Version vom 7.2.2023)