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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

nach der Stadt gelegene Teil des Südhafens ist an das Eisen- und Stahlwerk „Union“ verpachtet, welches hier eine Schiffswerft und ein großes Erzlager mit einem elektrischen Laufkrahn, der zum Löschen und Beladen der Schiffe dient, errichtet hat.

Uebersichtsplan des Dortmunder Hafens.
Nach einem im Verlage der Hafenverwaltung erschienenen Plane für die „Gartenlaube“ photographiert
von E. Overhoff in Dortmund.

Nach Nordosten (linker Hand) geht dieses Hafenbecken in den Stadthafen über, an dem sich hauptsächlich der Umschlag der wertvolleren Stückgüter und der Güter, die unter Zollverschluß gehalten werden, vollziehen soll. Ueber den Stadthafen spannt sich eine mächtige Eisenbrücke, welche die Verbindung zwischen der „Union-Vorstadt“, einer Kolonie für Arbeiter und Beamten des Eisenwerks „Union“, und der Stadt herstellt. An den beiden Ufern des Stadthafens sind große Lagerhäuser erbaut, die mit den neuesten technischen Hilfs-Maschinen, elektrischen Aufzügen etc., versehen sind. Die sämtlichen Stichhäfen haben, wie der Kanal, eine Wasserspiegelbreite von 60 m und eine Mindesttiefe von 21/2 m.

Das ganze Hafengelände ist von einer Eisenbahn, die Anschluß an die Köln-Mindener Eisenbahn hat, durchzogen und an das städtische Wasser- und Elektricitätswerk angeschlossen. Die Gesamtkosten für Grunderwerb und Anlagen des Hafens betragen 63/4 Millionen Mark; zu diesen hat der preußische Staat 1 325 000 Mark beigesteuert.

Der Wasserspiegel des Dortmunder Hafens liegt 70 m höher als der Meeresspiegel der Nordsee bei Emden. Alle Schiffe, die zur Nordsee fahren, müssen daher die 70 m herabsteigen und auf dieser Strecke, die 271 km lang ist, 19 Schleusen und das große Schiffshebewerk durchfahren. Dasselbe (vergl. unsere nebenstehende Abbildung) liegt 16 km vom Dortmunder Hafen entfernt bei dem Orte Henrichenburg. Der Höhenunterschied zwischen dem Wasserspiegel des Kanals Dortmund-Henrichenburg und demjenigen der Kanalstrecke Henrichenburg-Münster beträgt 14 m. Für gewöhnlich darf die zu überwindende Höhe 5 bis 6 m nicht übersteigen; da an dieser Stelle aber, wie gesagt, der Höhenunterschied über 14 m beträgt, so mußte hier das Schiffshebewerk erbaut werden. Bei demselben fährt das Schiff in einen großen Wasserkasten, der in einer mächtigen, eisernen Brücke hängt und durch ein starkes Schraubengetriebe stets wagerecht geführt wird; er kann wasserdicht verschlossen werden. Durch das Heben und Senken („Auftrieb“) von großen eisernen Hohlkörpern, „Schwimmer“ genannt, auf welchen der Wasserkasten ruht, wird das Schiff nach oben beziehungsweise unten gebracht. Zum Antriebe des Schraubengetriebes, welches im Notfalle den Wasserkasten mit Inhalt (21/2 Millionen Kilogramm) in der Schwebe halten kann, dient ein hundertpferdiger elektrischer Motor, der in dem Häuschen auf der Brücke aufgestellt ist und seine Kraft aus einem Elektricitätswerke, das neben dem Schiffshebewerke erbaut ist, erhält.

Das Schiffshebewerk zu Henrichenburg.
Nach einer photographischen Aufnahme von H. Weeck in Dortmund.

Dieses Riesenwerk, an dem 4 Jahre gearbeitet wurde, fordert unsere Bewunderung heraus und erfüllt uns mit Stolz, denn hier feiern deutscher Erfindungsgeist und deutsche Arbeit ihre wohlverdienten Triumphe über die ausländische Konkurrenz: das Werk übertrifft sowohl an Größe und Umfang, als auch an technischer Vollendung alle ähnlichen Bauwerke des In- und Auslandes. Es ist von der bekannten Weltfirma Haniel und Lueg zu Düsseldorf unter Leitung des Oberingenieurs Gerdau erbaut worden.

Die Durchschleusung eines Schiffes wird etwa 20 Minuten dauern, so daß das Hebewerk täglich 30 bis 35 größere Schiffe bewältigen kann.

Von hier aus geht der Kanal 7,8 km nach Südwesten und erreicht vorläufig bei der aufblühenden Industriestadt Herne sein Ende. Auf dieser Strecke Herne-Münster ist keine Schleuse angelegt, die nächste befindet

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verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 531. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0531.jpg&oldid=- (Version vom 13.9.2022)