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einen solchen Glücklichen. Auf der vor seiner Wohnung sich rund um den Turm ziehenden Galerie steht er neben seiner jungen Frau, die sich mit ihm in die Pflichten des Türmeramts teilt, und fühlt sich froh in seiner luftigen Höhe, zu welcher der Lärm der Stadt nur gedämpft heraufklingt.

Das Helmholtz-Denkmal vor der Universität
in Berlin.

Nach einer Aufnahme von Ludwig Schuster in Berlin.

Das Helmholtz-Denkmal vor der Berliner Universität, welches am 6. Juni feierlich enthüllt wurde, ist eine Schöpfung des Bildhauers Prof. Ernst Herter, der seiner Zeit aus dem engeren Wettbewerb als Sieger hervorging. Es ist dem Künstler gelungen, die geistige Bedeutung und persönliche Liebenswürdigkeit des großen Naturforschers, welcher mit mächtigem Geist die Physik der Erkenntnis unseres Seelenlebens dienstbar machte, in warmer Lebensfülle darzustellen. Auf dem Sockel aus rotgeädertem Marmor mit der schlichten Inschrift „Helmholtz 1821 – 1894“ erhebt sich die Gestalt des Gelehrten in weißem Tiroler Marmor. Sprechend ist der Ausdruck ernster Gedankenarbeit in dem energischen Gesicht. Die Gewandung zeigt die wirkliche Tracht eines Berliner Professors und Akademikers bei feierlichen Gelegenheiten; über den Frack legen sich die weiten Falten des Professorentalars. Von ungezwungener Natürlichkeit ist die Haltung; sie veranschaulicht getreu die Art, wie Helmholtz sich bei seinen Vorlesungen gab. Wir sehen ihn beim Vortrag; die Rechte begleitet die Rede mit einer erklärenden Geste; die Linke stützt sich auf Bücher, welche auf einem Renaissancesockel liegen, dessen drei Seiten mit Reliefornamenten geschmückt sind. Dieselben stellen physikalische Instrumente dar, unter denen der Augenspiegel, Helmholtz’ berühmte Erfindung, nicht fehlt.

Das Denkmal ist im Vorgarten des Berliner Universitätsgebäudes aufgestellt worden.

Bei der Einweihung, welcher die Kaiserin und Prinz Friedrich Heinrich beiwohnten, feierten namens des Komitees Staatsminister v. Delbrück, namens der Universität deren Rektor Prof. Waldeyer den großen Naturforscher in schwungvollen Reden.

Die Drachenschlucht im Annathal bei Eisenach. (Mit Abbildung.)

Blick in die Drachenschlucht bei Eisenach.

Bleibt der Grundcharakter des Thüringer Waldes, wenigstens in seinem nordwestlichen Teile, ein mehr anmutiger denn großartiger, so hat dieses deutsche Mittelgebirge – das grüne Herz Deutschlands! – doch eine Sehenswürdigkeit zu verzeichnen, die wie eine tiroler Klamm anmutet: die Drachenschlucht bei Eisenach.

Oberhalb Eisenach durchschreitet man das ein gut Stück von Villen noch bekränzte Marienthal, bis endlich die Natur in ihre Rechte tritt. Gewaltige Felsbastionen rahmen das Thal ein. Zur Rechten grüßt von hoher Zinne die Wartburg, links türmt sich die steile Wand des Breitengescheid auf. Schluchten öffnen sich; Bergwelle drängt sich an Bergwelle. Dann engt sich der Grund. Das Annathal beginnt! Ein verträumter Teich spiegelt der Bäume neigende Wipfel wieder. Waldvögel lärmen im Dickicht, ein Bach plätschert zur Seite. Von den Wänden rieselt es in feinen Wasserfäden. Immer dichter rücken die Felsen zusammen. Jetzt herrscht nur noch süßes Dämmerlicht. Ein kleiner Wasserfall braust nieder. Daneben ist in die grünbemooste Felswand ein großes A gegraben, zu Ehren der Königin Anna der Niederlande, einer Schwester der verstorbenen Großherzogin Sophie. Dann reißt vor uns die Drachenschlucht auf. Es tropft und rieselt, raunt und rinnt von allen Seiten die glitschrigen, grünen Felswände herab. Der Sonne Licht ist entflohen. Oft zeigt die Schlucht kaum 1 m Breite. In den felsigen Kessel, der die Drachenschlucht abschließt, stürzt ein Bach herab. Im oberen Annathal, durch welches der Weg zur „Hohen Sonne“ hinaufführt, begrüßen wir wieder das Sonnenlicht und das Wehen der Wipfel.

Anwendung von X-Strahlen zur Prüfung der Feuerungsmaterialien. Bekanntlich verhalten sich die verschiedenen Körper den X-Strahlen gegenüber nicht gleichmäßig. Die einen sind durchlässig, andere weniger, wieder andere sind völlig undurchlässig. So weisen auch die Bestandteile mineralischer Brennstoffe bezüglich ihrer Durchlässigkeit erhebliche Unterschiede auf. Denn während reine Kohle den Strahlen gar keinen Widerstand bietet, zeigen sich die Beimengungen derselben, wie Silikate, Schwefelkies etc., als undurchlässige Körper, und bei der Durchleuchtung mit den Strahlen verrät sich dem Auge die Anwesenheit selbst des dünnsten Schwefelkiesfädchens oder des kleinsten Stückchens Schiefer. Als Schattenstreifchen oder als dunkler Fleck wird es auf der hell beleuchteten Fläche deutlich sichtbar.

Auf diese Thatsache hat nun ein französischer Gelehrter ein Verfahren gegründet, mit Hilfe der X-Strahlen die Reinheit und damit zugleich auch den Wert der Feuerungs-Materialien zu bestimmen. Mit dem von ihm erfundenen Apparat ist er imstande, die Beimengung von Fremdkörpern bis auf 0,005 zu bestimmen. Ueber den Apparat selbst sind genaue Einzelheiten bisher noch nicht veröffentlicht worden, und nur das Folgende ist bekannt. Eine keilförmig gestaltete Celluloidschachtel, von deren Flächen zwei rechtwinklig zu einander stehen, während der spitze Winkel der dritten Seite derart gewählt ist, daß er zu einer an der Längsseite angebrachten Skala in einem bestimmten Verhältnis steht, wird mit dem gut durcheinander gemengten Staub der zu prüfenden Kohle gefüllt und mit X-Strahlen beleuchtet. Je nach der Menge der Verunreinigungen wird entweder bereits in der Nähe der Keilspitze oder mehr nach dem breiten Keilende zu die Durchlässigkeit aufhören. Die Zahl der Skala der Längsseite nun, die an diesem Punkte sich findet, giebt den Prozentsatz der Beimengungen an. Nach dieser Methode kann man ebenso bequem wie Kohle auch Theer, Asphalt etc. auf ihre Beimengungen prüfen. Dr. –t.     

Die Schauenburg bei Dossenheim an der Bergstraße. (Zu dem Bilde S. 513.) An den Vorbergen des Odenwaldes, die sich zum Rhein abflachen, entlang zieht die altberühmte Straße dahin, welche schon zur Karolingerzeit von Frankfurt a. M. ins Neckarthal führte, Seitenstraßen nach den alten Kaiserstädten Worms und Speyer zum Rhein hinabsendend. Die Bezeichnung „Bergstraße“ fiel ihr schon im Mittelalter zu und wurde auch damals schon auf das ganze Gelände angewandt, das sich zwischen Darmstadt und Heidelberg, dem Odenwald und dem Rhein ausdehnt. Von wunderbarer Fruchtbarkeit ist dieser schöne Landstrich, Nußbäume und Edelkastanien gedeihen herrlich zwischen den Rebengärten und Laubwäldern, die mit ihrer grünen Pracht die Berge umhüllen, von denen malerische Burgtrümmer zum Rhein herniederschauen. Und die Burgen wie die vielen kleinen und großen Ortschaften an der Straße künden von einer Kultur, deren Überlieferung sich im glanzvollen Schimmer der deutschen Heldensage verliert. Ueber dies Gelände zogen die Burgundenkönige von Worms aus zur Jagd im Odenwald; hier plante der finstere Hagen Siegfrieds Tod; nach dem Nibelungenlied war das Kloster Lorsch bei Worms eine Stiftung der Königin Ute und die Grabstätte Siegfrieds. Thatsächlich wurde Lorsch unter Philipp dem Kurzen gegründet. Karl der Große wohnte der Einweihung der prächtigen Klosterkirche durch den Erzbischof Lull von Mainz bei. Ludwig der Deutsche wandte dem Stift seine ganz besondere Gunst zu; er fand hier seine letzte Ruhestätte. So gelangten die Aebte von Lorsch im frühen Mittelalter zu seltener Macht, in fürstlicher Stellung herrschten sie über

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verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 515. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0515.jpg&oldid=- (Version vom 19.9.2021)