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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)


Inhalt.
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Nur ein Mensch. Roman von Ida Boy-Ed (7. Fortsetzung) 485
Jagdgehilfen des Maharadscha von Dschaipur. Von Dr. K. Boeck. Mit Abbildung 495
Wie ich zur Dichterin wurde. Ein Brief von Johanna Ambrosius. Mit Bildnis 496
Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit. Die Nernstlampe. Von Franz Bendt 499
Bilder aus dem oberösterreichischen Mühlviertel. Von Eduard Zetsche. Mit Illustrationen von W. Gause 500
Der Lebensquell. Erzählung von E. Werner (Fortsetzung) 502
Beim Untersuchungsrichter. Kriminalistische Skizze von Professor Dr. Hanns Groß 512
Blätter und Blüten: Verein zum Schutz der Kinder vor Ausnutzung und Mißhandlung. S. 514. – Die Bergpartie. (Zu dem Bilde S. 488 und 489.) S. 514. – Türmers Abendrast. (Zu dem Bilde S. 505.) S. 514. – Das Helmholtz-Denkmal. (Mit Abbildung.) S. 515. – Die Drachenschlucht im Annathal bei Eisenach. (Mit Abbildung.) S. 515. – Anwendung von X-Strahlen zur Prüfung der Feuerungsmaterialien. S. 515. – Die Schauenburg bei Dossenheim an der Bergstraße. (Zu dem Bilde S. 513.) S. 515. – Der neue Berliner Müll-Schmelzofen. Von W. Berdrow. (Mit Abbildung.) S. 516. – Wie weit hört man den Donner? S. 516.
Illustrationen: Jagdgehilfen des Maharadscha von Dschaipur. Von Dr. K. Boeck. S. 485. – Die Bergpartie. Von L. Blume-Siebert. S. 488 und 489. – Neidische Gesellschaft. Von C. T. Garland. S. 493. – Johanna Ambrosius. S. 499. – Abbildungen zu dem Artikel „Bilder aus dem oberösterreichischen Mühlviertel“. Von W. Gause. 1. und 2. Mühle und Hammerwerke am Sarmingbach. 3. Die „Braune Mühle“ bei Waldhausen. 4. Befestigtes Bürgerhaus und alter Wartturm bei Sarmingsteins. 497. Werfenstein. S. 500. In der Sägemühle. Schloß Clam. Mühle in der Clamschlucht. S. 501. Versandetes Hammerwerk. S. 502. – Türmers Abendrast. Von P. Kohlschütter. S. 505. – Ferienfreuden. Von Emil Czech. S. 509. – Die Schauenburg bei Dossenheim an der Bergstraße. Der Edelstein. Dossenheim. S. 513. – „Es geht nicht mehr!“ Von M. Budinsky. S. 514. – Das Helmholtz-Denkmal vor der Universität in Berlin. S. 515. – Blick in die Drachenschlucht bei Eisenach. S. 515. – Der neue Müll-Schmelzofen in Berlin. Von Ewald Thiel. S. 516.


Hierzu Kunstbeilage XVI:0 „Guten Morgen!“. Von F. Vinea.




Kleine Mitteilungen.

Neue Reiseführer. Die schon so reiche Litteratur der Reisehandbücher hat auch in diesem Sommer sehr wertvolle Bereicherungen erfahren. In der altbewährten Sammlung von Meyers Reisebüchern, die im Verlag des Bibliographischen Instituts in Leipzig erscheint, begegnet uns als völlig neues Unternehmen ein Reiseführer in die „Ostseebäder und Städte der Ostseeküste“. Es ist der erste Versuch, all die schönen Landstriche der waldumrauschten deutschen Ostseeküste vollständig und im Zusammenhange darzustellen. Bei der Gediegenheit seiner Ausführung setzt das Buch den Leser in die Lage, aus der Fülle der reizvollen Ortschaften, weiche dort als Sommerfrischen zu Ruf gelangten, sich einen den eigenen Bedürfnissen am meisten entsprechenden Aufenthaltsort auszusuchen. Das Buch ist aber auch ein sicherer Führer durch die Umgebung der Bäder, auf den Wanderungen an den Küsten und auf den Inseln der Ostsee. Denselben Dienst leistet es für alle Städte der Ostseeküste. 12 Karten und 16 Pläne sind dem ungemein praktisch eingerichteten Text beigegeben. Im gleichen Verlage erlebte das viel gerühmte Unternehmen „Der Hochtourist in den Ostalpen“ von L. Purtscheller und H. Heß eine zweite, vollständig umgearbeitete, stark vermehrte und auf drei Bände erweiterte Auflage. Diese handlichen Bände sind genau den Anschauungen und Bedürfnissen jener Besucher der Alpenwelt angepaßt, die im Besteigen auch schwieriger Bergspitzen geübt sind. Band I, mit 16 Karten, schildert die bayrischen und Nordtiroler Kalkalpen, die nordrhätischen Alpen, die Oetzthaler, Ortler- und Adamelloalpen. Band II, mit 14 Karten, hat die Salzburger und Berchtesgadener Kalkalpen, die oberösterreichischen und steirischen Alpen, die Zillerthaler Alpen, die Hohen und Niederen Tauern zum Gegenstand. Band III, mit 19 Karten, beschreibt das Gebiet der Dolomiten, der Karnischen Alpen und der südöstlichen Kalkalpen. Gleichzeitig erlebte der 3. Teil von Meyers „Deutschen Alpen“ die 4. Auflage. Auch sie erfuhr eine sorgfältige und durchgreifende Bearbeitung. Hier findet sich Wien, Ober- und Niederösterreich, Salzburg und Salzkammergut, Steiermark, Kärnten, Krain, Kroatien und Istrien in übersichtlichem Zusammenhange behandelt. Der Band enthält 12 Karten, 6 Pläne und 6 Panoramen. Demselben praktischen Gesichtspunkt, welchem die Dreiteilung des Meyerschen „Hochtouristen in den Ostalpen“ Rechnung trägt, findet sich auch die neue Auflage des berühmten Reisehandbuchs von Tschudi, „Der Tourist in der Schweiz“, die 34., angepaßt (Zürich, Verlag des Art. Institut Orell Füßli). Sie liegt in drei sehr handlichen Bänden vor, von denen der erste „Nordschweiz und Westschweiz“, der zweite „Urschweiz und Südschweiz“, der dritte die „Ostschweiz“ bespricht. Auch diese Auflage weist im Inhalt manche Erweiterung und Erneuerung auf, so völlig neu bearbeitete Karten vom Engadin, Vierwaldstättersee, Berner Oberland und Zermattthal. In Tschudis Werk ist gleichfalls auf die Bedürfnisse des Hochtouristen besondere Rücksicht genommen. Noch von anderen Reisebüchern der Meyerschen Sammlung als den obengenannten liegen neue Auflagen vor. Die 9. Auflage der „Rheinlande“, mit 20 Karten, 17 Plänen und 7 Panoramen, erfreut sich einer Neuerung, welche sie dem Gegensatz der geschilderten Landschaft zu der Hochalpenwelt verdankt. Den Rhein entlang findet der Radfahrer prachtvolle Straßen, um aufs genußreichste seinem Sport zu huldigen. Meyers „Rheinlande“ tragen jetzt diesem Umstände Rechnung. Die neue Auflage enthält eine ganze Reihe von Reiseplänen und eine große Zahl von Ratschlägen für Radfahrer. Der gleichen Neuerung freut sich auch die eben erschienene 8. Auflage des „Wegweisers durch den Schwarzwald“, welcher Odenwald, Bergstraße, Heidelberg und Straßburg mitumfaßt. Schildert er in letzterem Gebiet ja eines der herrlichsten Radlerreviere Deutschlands! Natürlich bleibt für den Fußwanderer in alter Weise gesorgt. Wie immer aber unsere Leser ihre Ferienreise ausführen, wohin immer sich ihr Marsch oder ihre Fahrt richte, an allen möge sich, dies wünschen wir aufs herzlichste, die Wahrheit des Liedes bewähren: „Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt!“

Praktische Uebersichtskarte der Schweiz. Besondere Rücksicht auf die Bedürfnisse der Touristenwelt ist bei der Ausführung einer neuen Karte der Schweiz genommen, welche kürzlich in A. H. Paynes Verlag in Leipzig erschienen ist. Diese Uebersichtskarte im Maßstabe von 1:400000 ist in fünf Farben gedruckt und giebt die Höhenstufen in sieben Tönen. Die Gletscher sind blau und die Hauptkämme in den höchsten Stufen weiß gelassen. Alle Verkehrseinrichtungen des vielbereisten Alpenlandes, Eisenbahnen, elektrische und Drahtseilbahnen sind nach Angaben der betreffenden Direktionen eingezeichnet.

Die auf starkes Papier gedruckte Karte, deren Größe 64 X 95 cm beträgt, ist in handliches Format gefaltet und als eine nützliche Ergänzung zu jedem „Führer“ durch die Schweiz zu bezeichnen.

Ein tapferes Ameisenvolk. Die hohe sociale Stufe, welche im Tierreich die Ameisen in ihren Staatenbildungen erreicht haben, ist bekannt. Mit Erstaunen gewahren wir oft in dem Thun und Treiben der kleinen Insekten ein Gegenbild menschlichen Handelns. Wir kennen Ameisenarten, die Ackerbau treiben, andere sind als Sklavenhalter bekannt, viele sind kriegerischer Natur, und wir finden bei ihnen einen großen Teil des Volkes in körperlicher Ausbildung und in seinem wilden angriffslustigen Mut als Kriegerkaste entwickelt. Einen Zug heroischer Selbstaufopferung zum Besten des Gemeinwohls aus dem Leben der Ameisen erzählt Semon in seinem an biologischen Beobachtungen reichen Werke „Im australischen Busch“. In der Nähe des Lagers befand sich ein großer Ameisenhaufen, dessen Bewohner dem Gelehrten oft sehr peinliche Besuche abstatteten. Er mußte sich ihrer zu erwehren suchen. In der Absicht, den ganzen Staat zur Auswanderung zu zwingen, streute Semon eine Handvoll Naphthalinkrümchen auf den Haufen; in größter Aufregung stürzten alle auf die übelriechenden Brocken, um sie fortzuschleppen, und wenn auch jede Ameise nach kurzer Zeit, von dem schädlichen Geruch überwältigt, ihr Stück fallen ließ, so traten andere an die Stelle, und in weniger als zwei Stunden war auch der kleinste Naphthalinbrocken aus dem Nest entfernt. Da griff Semon in der Not zu einem drastischeren Mittel und warf Cyankalium auf den Haufen. Wer von den Ameisen das furchtbare Gift berührte, bezahlte es mit dem Leben; immer und immer wieder aber eilten die Tiere herbei, um die verderbenbringenden Brocken wegzutragen. Die Dunkelheit unterbrach Semons Beobachtungen; am andern Morgen aber fand er, daß der Haufen nicht verlassen war, wie man erwarten konnte; er war vielmehr in seiner ganzen Oberfläche wie ein Schlachtfeld mit toten Ameisen besät, die Cyankalistückchen waren aber verschwunden. „Mehr als die Hälfte des Volkes,“ schreibt Semon, „hatte in diesem Verzweiflungskampf den Tod gefunden; es war aber dem Todesmute der heroischen Geschöpfe geglückt, unter rücksichtsloser Aufopferung des eigenen Lebens das Gift aus ihrer Vaterstadt zu entfernen, indem sie es Millimeter für Millimeter fortschafften und jeden Schritt mit einer Leiche bedeckten.“ Nach Wegschaffung der Toten durch die Ueberlebenden, die noch an demselben Tage erfolgte, war wieder Ordnung geschaffen und die tapferen Tiere durften sich des ungestörten Besitzes der mit so ungeheuren Opfern behaupteten Heimat erfreuen; denn durch deren Heroismus besiegt, verzichtete der Forscher auf die Vertreibung der Ameisen und der Zoologe streckte vor seinen kleinen Gegnern edelmütig die Waffen. K. L.     

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 484_d. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0484_d.jpg&oldid=- (Version vom 13.9.2022)