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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

Nach der Schlacht von Dornach. (Zu dem Bilde S. 473.) An der reißenden Birs im Kanton Solothurn liegt das Dorf Dornach, auch Dorneck genannt. In früheren Zeiten bildete es einen wichtigen strategischen Punkt: wer es beherrschte, dem stand der Eingang ins Gebirge frei. Aus diesem Grunde haben die Solothurner zur Zeit der letzten Kämpfe um die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft in der kleinen Burg, die über dem Dorfe lag, eine Besatzung unterhalten. Bei Dornach wurde im Jahre 1499 die Schlacht geschlagen, welche den sogenannten „Schwabenkrieg“ entschied und der Schweiz die politische Selbständigkeit sicherte. Im Sommer des genannten Jahres wollte einer der Feldherren Kaiser Maximilians, Graf Heinrich von Fürstenberg, sich des wichtigen Ortes bemächtigen. Er rückte mit 16000 Mann vor und belagerte die von dem tapferen Vogte Benedikt Hugi verteidigte Burg. Zu ihrem Entsatz eilten etwa 4000 Mann von Bern, Solothurn und Zürich herbei. Am 22. Juli glaubten sich die Belagerer in voller Sicherheit und ergaben sich allerlei Lustbarkeit, als das Entsatzheer unbemerkt heranrückte und in der größten Mittagshitze das feindliche Lager überfiel. Gleich beim ersten Angriffe wurden mehrere Führer der Kaiserlichen, unter ihnen auch Graf Heinrich von Fürstenberg, erschlagen. Nach und nach sammelten sich jedoch die Belagerer und drangen mit Uebermacht auf die Eidgenossen ein, deren Lage immer schwieriger wurde, „bald rückwärts, bald vorwärts wogten die Scharen, wie die vom Wind bewegte Saat“. Da erschienen im kritischen Augenblick 1200 Luzerner und Züricher auf dem Schlachtfelde und entschieden den Kampf zu Gunsten der Schweizer. Demütig kamen am anderen Tage einige Mönche und Gesandte aus Basel, die Leichen der gefallenen Grafen, Ritter und Edlen zu suchen und um deren Auslieferung zu bitten, damit sie bei ihren Vätern ruhen könnten. Aber die Eidgenossen wiesen das Ersuchen ab mit den Worten: „Die Edlen müssen bei den Bauern bleiben.“ Diesen ergreifenden Vorgang stellt das treffliche Bild von E. Klein dar. Die Gesandtschaft erhält die bittere Antwort an der Bahre des überwundenen Feldherrn.

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Papyrusstauden am Anapofluß bei Syrakus.

Der Papyrus in Sicilien. (Mit Abbildung.) Im warmen Klima Siciliens – die Insel kennt bis auf wenige Bezirke keinen Winter, sondern nur eine Regenzeit – gedeiht gar manche Pflanze, die man bei uns nur im Treibhaus sieht. Viele derselben sind aber ursprünglich keine einheimischen Gewächse, sondern aus subtropischen Gegenden nach der Insel eingeführt. Eine der in dieser Beziehung bemerkenswertesten Pflanzen Siciliens ist der Papyrus, den man vielfach in Syrakus, Palermo etc. neben Bambusstauden in Gärten angepflanzt trifft, der aber auch an einer Stelle Siciliens wild wächst, nämlich an den Ufern eines Flüßchens bei Syrakus, des Anapo, und der aus dem Altertum bekannten benachbarten Quelle Cyane.

Der Papyrus (Cyperus Papyrus) gehört zu den Riedgräsern. Aeußerlich ähnelt er unserem Schilfe, unterscheidet sich von diesem jedoch durch die gewaltige Höhe, die er erreicht (im Spätsommer werden die Stauden 4 bis 6 m hoch), und durch die büschelförmigen an langen Stengeln sitzenden Blüten, die häufig durch ihre Schwere nach unten sinken und ins Wasser hängen. Im Winter werden die Blätter trocken und gelblich und im Frühjahr sprossen reingrüne frische Blätter und Blüten hervor, während die trockenen vorjährigen allmählich abfallen.

Auf eine lange Strecke ist der Anapofluß auf beiden sumpfigen Ufern mit vollständig verwilderten Papyrusstauden besetzt, die Cyanequelle ist ganz von Papyrus umgeben. Die Stauden bilden in ganz kurzen Zwischenräumen mächtige Gruppen. Dadurch entsteht ein äußerst malerischer Anblick, wie er seinesgleichen in Europa nicht haben dürfte. Das schmale Flüßchen muß mit einem Boote besucht werden, da die sumpfigen Ufer nicht oder nur stellenweise zu Fuß zu erreichen sind.

Der Papyrus des Anapo ist von den Arabern aus Aegypten mitgebracht und in Sicilien angepflanzt worden. Das günstige sumpfige Terrain am Anapo hat ihn acclimatisiert. Bekanntlich machten die alten Aegypter aus dem harten Mark des Papyrus ihr Schreibmaterial, und unser Papier führt nach dieser Pflanze seinen Namen.

Der Kohlenbedarf beim Anfahren und Bremsen von Eisenbahnzügen. Bekanntlich bildet beim Eisenbahnbetriebe das oftmalige schnelle Anhalten und Wiederangehen der Züge einen nicht zu vernachlässigenden Punkt bei der Festsetzung der Fahrpläne und Betriebskosten. Jede neue Haltestelle bedeutet, ganz abgesehen von der Zeitdauer des Anhaltens selbst, nur durch die Verzögerung beim Bremsen und Anfahren einen Zeitverlust von ungefähr 3 Minuten, der, im Fall der Fahrplan unverändert bleiben soll, eine Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit auf freier Strecke notwendig macht. Ein Eisenbahnfachmann hat sich neuerdings der Mühe unterzogen, den Kohlen- und Kostenaufwand, der beim Bremsen und Anfahren der Eisenbahnzüge entsteht, durch Messungen und Berechnungen genau festzustellen, und ist dabei zu bemerkenswerten Resultaten gekommen. Wenn man den Dampf in so weiter Entfernung vor dem Haltepunkt ganz absperrte, daß die lebendige Kraft des Zuges eben hinreichte, um ihn bis in den Bahnhof zu bringen, so würde eine Zerstörung lebendiger Kraft durch Bremsung gar nicht erforderlich sein, und die Kosten des Wiederanfahrens bis zur Erreichung der vollen Geschwindigkeit wären durch die Ausnutzung der lebendigen Kraft bei der Einfahrt vollständig gedeckt. Die Zeitverschwendung bei dieser Methode würde jedoch so groß sein, daß der erzielte Gewinn an Kohlen dazu in gar keinem Verhältnis stände. So bleibt nur übrig, den Dampf verhältnismäßig spät abzustellen und dann die lebendige Kraft durch die Anwendung von Bremsmitteln zum Teil zu vernichten. Die ökonomisch günstigste Einfahrt bedingt etwa die Ausnutzung von ⅔ der lebendigen Kraft und die Vernichtung des Restes durch Bremsen. Unter diesen Umständen kommt ein Zug von mittlerem Gewicht und mittlerer Geschwindigkeit in etwa 3 Minuten zum Stillstand, wobei lediglich die Kosten der Vernichtung von einem Drittel der lebendigen Kraft auf 0,40 Mark beim Einlaufen eines Zuges von 75 km, auf 0,56 Mark bei einem solchen von 90 km mittlerer Geschwindigkeit berechnet wurden. In der gesamten lebendigen Kraft des Zuges, die beim jedesmaligen Anfahren durch stärkeres Heizen aufs neue erzeugt und beim Bremsen zu einem Drittel vernichtet wird, steckt natürlich der dreifache Wert, und zwar sind bei einem Zuge von 400 t Gewicht und 90 km Grundgeschwindigkeit 216 kg Kohle erforderlich, um diese lebendige Kraft zu entwickeln, d. h. den Zug aus dem Zustande der Ruhe in den einer Bewegung von 90 km in der Stunde zu versetzen. Die Zeit bis zur Entfaltung dieser Geschwindigkeit beträgt alsdann 6 Minuten, und nunmehr sind, um dem Zuge dieselbe Geschwindigkeit dauernd zu erhalten, 58 kg Kohle in jeder Minute erforderlich. Bemerkenswert ist es dabei, daß sich bei einem Zuge von gleichem Gewicht und halber Geschwindigkeit alle diese Ziffern nicht etwa halb so hoch, sondern nur ein Viertel oder ein Fünftel so hoch belaufen. – Soll nun etwa auf Grund der Einlegung eines neuen Haltepunktes bei Innehaltung desselben Fahrplans an Zeit gespart werden, so kann dies entweder dadurch geschehen, daß auf der freien Strecke um etwas schneller gefahren oder daß bei der Einfahrt in der Station schärfer gebremst wird. Um bei der Einfahrt eines Zuges von 90 km Geschwindigkeit eine Minute zu sparen, muß man ein weiteres Drittel der lebendigen Kraft durch Bremsen vernichten, d. h. entsprechend länger mit voller Kraft fahren und den Zug in 2 anstatt 3 Minuten zum Stehen bringen. Dabei aber werden sowohl die Kosten der Vernichtung von lebendiger Kraft, als die Kosten der Bremsung selbst und der Zerstörung von Betriebsmitteln durch den Angriff der Bremsklötze mindestens verdoppelt. Rechnungsmäßig kostet das Anhalten eines 400 t schweren Zuges von 90 km Normalgeschwindigkeit, welches 3 Minuten und einen Bremsweg von 2¼ km erfordert, 2⅓ Mark und bei einem Zuge von 120 km Normalgeschwindigkeit (ein auf gewissen Strecken nicht seltener Fall) 4 Mark. Die Ersparung von einer Minute durch scharfe Einfahrt erhöht diese Kosten auf rund 4, bezw. rund 7 Mark. Man kann denselben Zweck auch erreichen, indem man die Geschwindigkeit auf der freien Strecke weiter erhöht und es bei der gewöhnlichen Einfahrt beläßt, aber Rechnung und Erfahrung lehren, daß auf diese Weise der Zeitgewinn noch teurer bezahlt werden muß, wenigstens, wenn es sich um Züge von ohnehin großer Geschwindigkeit handelt. Bei langsam fahrenden Personenzügen ist es dagegen vorteilhafter, die Geschwindigkeit auf der Strecke zu steigern und langsam einzufahren.

Bw.

Sonnenaufgang. (Zu dem Bilde S. 483.) Sonnenaufgang … Meeresstille … Liebesglück! Jedes dieser drei Worte, poetisch stimmend an sich, vereint ein köstlich Gedicht, aber die Liebe ist sein mächtigster Ton! Ja, ein Gedicht! Diesmal hat es der Malerpinsel geschaffen. Sollen wir’s dem Meister Gabrini nachplaudern, was er davon weiß, wie dem braunen Pasquale und der munteren Marziella mit einem Male ein Licht aufging, daß sie vom Herrgott eins fürs andere geschaffen worden sind?

Ja, wer weiß, wie es kam, daß Marziella schon vor Tagesanbruch auf den Beinen war, als der Pasquale vorüberging, zum Strand hinunter. Er hatte ihr lachend zugerufen, er wolle eine große Cernia

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verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 482. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0482.jpg&oldid=- (Version vom 16.7.2016)