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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

fliegende und die Posaune blasende Engel hat von der Fußspitze an der Achse bis zur Mündung der Posaune eine Länge von 3,20 m und wiegt 7 Centner; er ist aus Kupferplatten genietet und stark vergoldet. Das natürlich gleichfalls 7 Centner schwere Gegengewicht besteht aus einem vergoldeten Stern an einem Balken. Die Windfahnen auf den Vordertürmen sind vollkommen gleich gestaltet und bestehen aus einem Reichsadler von 1,20 m Höhe und Breite, der 4 Centner wiegt, und einer Kugel als Gegengewicht. Eine dieser Windfahnen ist in der nebenstehenden Abbildung wiedergegeben nach einer Photographie, die ich von der Domkuppel aus aufgenommen habe.

Die Windfahne auf dem nördlichen vorderen Turme des neuen Domes zu Berlin.

Die Drehvorrichtung ist bei allen drei Fahnen genau gleich, sowohl in der Konstruktion, wie auch in der Größe. An den aus doppelten U-Eisenschienen gebildeten Kreuzträgern sind je zwei Konsolen angeschraubt, welche die Kugellager tragen, auf deren Kugeln sich die Fahnen drehen. Jedes dieser Kugellager enthält je 25 größere und kleinere Stahlkugeln und ist zum Wetterschutz von einem kupfernen Mantel umgeben. Die Empfindlichkeit der Windfahnen ist trotz der großen Massen, die zu bewegen sind, eine außerordentliche.

Dr. C. Kaßner.

In den Maremmen. (Zu dem Bilde S. 293.) Maremma ist ein italienisches Wort, es bedeutet einen Landstrich nahe dem Meere von sumpfigem flachen Charakter. Mit dem Wort verbindet sich für den Italiener eine Vorstellung des Schreckens: die Maremmen sind die Heimat der Malaria. Wie sie entstanden? Mit dem Römerreiche hatte auch die alte Volksenergie geendet, niemand kämpfte mehr gegen die feindlichen Naturgewalten an. Die Wasserläufe wurden durch Schlamm und Geröll verstopft, so versumpften denn die Thäler und Küstengebiete.

Heute nennt man nun Maremmen im besondern die westlichen Küstenebenen von Toskana. Sie beginnen bei der Mündung der Magra und erstrecken sich bis ins Neapolitanische hinein. Ihr Anblick ist im höchsten Grade unerfreulich und trübselig, und der Reisende, der auf der Maremmenbahn, mit den Stationen Grosseto, Orbetello, Civitavecchia, dahinfährt, lehnt sich in seine Ecke und schließt die Augen, um diese „italienische Landschaft“ nicht zu sehen. Und doch hat auch sie ihre Reize, für den Maler und Poeten, noch mehr für den Historiker, denn dieser meilenweite Sumpfboden ist der Kirchhof vieler etruskischer Städte, deren Trümmer höchst interessant sind.

An Stelle der Städte sind die Macchie, die Buschwälder, getreten, und eine Bevölkerung von Büschen und Bäumen macht sich den Boden dienstbar. Da giebt es alle Arten von Eichen: Korkeiche, Zirn-, Stiel- und Steineichen, immergrüne Eichen, ferner Eschen, Hornbuchen, Erlen, Erdbeerbänme, baumartige Heiden und Ginster, und Baum und Gebüsch dient ausnahmslos zur Feuerung und zur Kohlenbereitung.

Es kommen die Männer, die Axt im Arm, bauen sich Reisighütten, schlagen die Büsche, die Bäume nieder und brennen sie in niedrigen Meilern zu Kohlen. Wie Eroberer kommen sie, doch ihr Leben hier ist elend und viele erliegen gar bald der Fieberluft. Kehren die Ueberlebenden im Herbst mit ihrer Ausbeute, den Holzkohlen, in Säcken auf elende Maultiere und Esel verladen, in die Dörfer zurück, so sehen sie mit ihren erdfarbenen Gesichtern wie auferstandene Tote aus und gleichen in ihrer sonstigen Verwilderung den Räubern …

Die Aufgabe der Regierung ist es, diese Maremmen auszutrocknen. Vieles ist bereits geschehen, und die Zeit wird kommen, wo dieses Land der Kultur zurückerobert sein wird.

Woldemar Kaden.

Bei der Parade auf dem Tempelhofer Feld. (Zu dem Bilde S. 296 und 297.) Frühlingsparade – Herbstparade – das sind zwei festliche Tage für die Reichshauptstadt! Schon am frühen Morgen tönt klingendes Spiel, Trommelschlag und Pfeifenklang durch die Straßen. In langen Zügen ziehen die Truppen des Gardekorps zum Halleschen Thor hinaus, und Tausende von Zuschauern zu Fuß und zu Pferde, in

Zigeunermusik. Nach einer Originalzeichnung von Hans Stubenrauch.

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verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 323. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0323.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2021)