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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)


Allerlei Winke für jung und alt.

Bluse mit Quersäumchen. Der Blusenmode ist schon mehrfach der Untergang prophezeit worden, statt dessen bildet sie sich in immer neuen Gestalten aus und denkt nicht ans Verschwinden: sie ist zu praktisch. Eine sehr fein wirkende Verzierung ist die durch schmale Quersäumchen, immer vier übereinander angeordnet, dazwischen wieder ein glatter Streifen. Der Schnitt ist der denkbar einfachste, die vordere Länge ziemlich reichlich zu bemessen, um die Vorderteile etwas überfallend zu bekommen. Ein schmales Börtchen ziert den Rand, vorn in der Mitte wird ganz schmal eine helle Weste sichtbar, kurze dunkle Spangen halten die Bluse darüber zusammen. Der Kragen ist ziemlich hoch und in Ecken geschnitten; am Oberteil der Aermel sind auch noch zwei bis drei Gruppen von Säumchen anzubringen, welche scheinbar die des Vorderteils fortsetzen. In Seide wirkt diese Art der Verzierung am besten, doch eignen sich auch leichte Waschstoffe etc. sehr gut dazu. Natürlich müssen die Säumchen genau geheftet und mit der Maschine gesteppt sein, ehe man die Blusenteile zuschneidet.

Bluse mit Quersäumchen.

Die Buchbinder- und Galanteriearbeit. Unter den mancherlei Arbeiten, die von Dilettanten zur Ausfüllung ihrer häuslichen Mußezeit gepflegt werden, sollte die Buchbinder- und Galanteriearbeit jedenfalls eine erste Stelle einnehmen, denn ihr Gebiet ist ebenso vielseitig wie interessant. Hier möchte man eine Landkarte auf Leinwand ziehen, dort einen Buchumschlag neu bekleben; hier möchte man Briefe oder Musikalien einbinden, dort eine mit Brandmalerei verzierte Schatulle innen schön polstern; hier möchte man eine Schreibmappe in Lederschnitt mit Atlasfutter, Ziernägeln, Glassteinen etc. versehen, dort für Mutters silberne Bestecke ein großes Etui anfertigen, mit Sammet ausschlagen, mit gepreßten Goldlinien, Metallbeschlägen etc. verschönern – nichts ist dem Dilettanten unzugänglich. Freilich will alles möglichst fachmännisch gelernt sein, und daher ist es erforderlich, eine Vorübung in Form einfacher Papparbeiten vorzunehmen, um die Behandlung der Materialien und Werkzeuge kennen zu lernen und sich stufenweise dasjenige fachliche Geschick anzueignen, welches zur Anfertigung größerer Arbeiten unerläßlich ist.

Den Papparbeiten wird bereits im Handfertigkeitsunterricht unserer Jugend eine besondere Sorgfalt zugewendet; man würdigt dort den großen erziehlichen und praktischen Wert solcher Art Beschäftigungen, und es erfüllt stets mit Freude, wenn man die allerlei Kästen, Taschen, Mappen, Schachteln etc. sieht, welche so sachverständig angefertigt wurden. Wer etwas gelernt hat, kann auch etwas leisten, und wer die Hand geübt hat, dem ist auch der Blick geschärft. So vieles läßt sich mit einfachen Mitteln für ihn anfertigen oder ausschmücken, was ein anderer gar nicht des Beachtens für wert hält. Welch schöne Kästchen für Briefbogen, Couverts, Karten, Schmucksachen, Bilder, Tabak, Schlipse etc. kann man nicht zum Beispiel aus kleinen und großen Cigarrenkisten herstellen! Man umklebt sie mit irgend einem schönen Kalikostoff, klebt auch das Innere fein aus mit Glanz- oder Moirépapier oder polstert das Innere mit Seidenstoff, bringt ein Schloß und zwei Scharniere an, sticht ein paar Ziernägel als Füßchen ein, und fertig ist das Werk. Kunstgeübte Hände können noch weiter gehen. Sie verzieren das Kästchen mit Stiftvergoldung, mit Nagelarbeit, mit Metalllaubsägereien oder selbstbossierten Metallbeschlägen, oder sie nehmen statt des Kalikoüberzuges einen solchen von Leder und verzieren es dann mit aufgelegten Ledermosaiken, mit Lederritzarbeit, Lederätzarbeit etc. – Kurz, die Mannigfaltigkeit kennt kaum eine Grenze, und bei guter Ausführung wird niemand vermuten, daß Vaters Cigarrenkiste die Idee dazu hergegeben. Aehnlich verhält es sich mit den heutzutage oft so prunkvollen Pappkartons für Briefbogen, die nach Verbrauch einfach wegzuwerfen wohl jedem leid thut. Sie dienen zur Aufnahme von Nadeln, Zwirnen, Stickfäden, unerledigter Korrespondenz, Rechnungen und Quittungen, Schreibutensilien etc. Durch Pappeinlagen mache man sie steifer und fester, steche ebenfalls einige Füßchen ein, füttere das Innere mit Seide oder teile es in Fächer; die äußeren bunten Blumen gestalte man durch Reliefschnitzerei lebendiger und plastischer oder male sie nach oder ergänze sie durch aufgeklebte Ansichten, Photographien etc. Viele Winke ließen sich noch erteilen für solche Anfangs- und Uebungsarbeiten. Wer sie fleißig betreibt, wird sehr bald die Lust zu weiterem Schaffen verspüren und nach Jahresfrist stolz sein auf die Fortschritte, die er gemacht hat.

Werkzeugschrank.

Werkzeugschrank. Der Kern dieses netten Vorplatzmöbels ist eine flache, gut gearbeitete Bilderkiste, die man vom Schreiner mit zwei Querbrettern und einem einfachen Aufsatz aus Fichtenholz versehen läßt. Diesen letzteren verziert man durch irgend eine Füllung von einfachen Formen und breiten Konturen. Die Blätter unseres gotischen Ornaments (s. Abb.) stehen in kräftigem Grün dunkel umrandet auf dem hellen Holzgrund, die Blume ist braunrot, die Samenkapsel inmitten derselben gelblich, mit hellroten Beeren darin. Das ganze Kästchen ist mit Nußbeize nicht zu dunkel zu beizen und mit Parkettwachs einzureihen. Die Werkzeuge und was z. B. zum Packen gehört, wird teils hineingehängt, teils gestellt, und wer den Anblick dieser prosaischen Gegenstände nicht für passend findet, kann einen kleinen Vorhang aus rotbraunem Molton etc. leicht an der oberen Kante der Kiste anbringen.



Für die Kinderstube.

Kinderschühchen von Gobelinwolle zu stricken. Man schlägt 60 Maschen auf, auf 4 Nadeln je 15, und strickt immer zwei rechts, zwei links 40 Reihen. Nun kommt der Durchzug für das Bündchen: 2 Reihen werden links gestrickt, dann bildet man die Löchelchen, indem man immer 2 Maschen zusammenstrickt und einmal den Faden um die Nadel schlingt; hierauf werden wieder 2 Reihen glatt links gestrickt. –

Kinderschühchen.

Jetzt beginnt der Füßling, der durch abwechselnd rechts und links gestrickte fünfreihige Rippchen gebildet wird. Mit dem rechts gestrickten Rippchen fängt man an, strickt also 5 Reihen rechter Maschen, dann 5 Reihen links etc. etc.

Hat man 2 rechts und 2 links gestrickte Rippchen, so zählt man für das Vorderteilchen 20 Maschen ao und strickt diese in fünfreihigen Rippchen weiter. Bei der letzten Nadel jedes rechts gestrickten Rippchens aber wird zu Anfang und zu Ende abgenommen, so daß im ganzen 8 Maschen abgenommen werden und nur noch 12 auf der Nadel bleiben. Der Schluß wird durch ein links gestricktes Rippchen gebildet, man strickt noch eine Reihe rechts, nimmt seitwärts die Schlingen auf, strickt weiter, nimmt auch die anderen Schlingen auf und teilt die Maschen gleich auf die 4 Nadeln. Nun hat man die ganze Rundung des Schühchens und strickt weiter, bis 2 rechts und 2 links gestrickte Rippchen vollendet sind.

Zur Sohle nimmt man genau in der Mitte, hinten und vorne 12 Maschen ab, immer bei jeder Reihe 4 Maschen; auf jeder Nadel eine. Sind die letzten 2 der 12 Maschen zusammengestrickt, und hat man im ganzen 6 glatte Reihen, so wendet man das Schühchen und strickt es zusammen. Zuletzt zieht man noch ein farbiges Bändchen durch, bindet vorne ein Schleifchen und das Kunstwerk ist vollendet.

Leine zum „Pferdchenspielen“. Aus dicker, roter Baumwolle mit starken Nadeln immer rechts gestrickt, wird diese Leine bei Söhnen und Neffen unter sechs Jahren dankbare Aufnahme finden; sie ist höchst einfach folgendermaßen herzustellen: 10 Maschen schlägt man an; zunächst wird das Leitseil, das um den Gürtel und nach rückwärts weitergeht, etwa 3 m lang gestrickt und an den Enden zusammengenäht; dann kommt ein ebenso breites Band um die Taille, je nach dem Format des „Pferdchens“, hinten in der Mitte mit einer Schelle, wie man sie von der Narrenkappe her kennt, zugeknöpft. Durch zwei weitere Schellen sind Gürtelband und Leitseil vorn aufeinander genäht. Hierauf fertigt man die Träger, die etwa 50 cm lang, oberhalb der beiden Schellen angesetzt, über die Schultern gelegt und hinten am Gürtel kreuzweise befestigt werden; ein kurzes Zwischenstück, mit Schellen besetzt, verbindet beide Träger. Das dunkelrote, türkische Garn und die goldenen, klingenden Schellchen machen den kleinen Leuten viel Spaß.

Leine zum „Pferdchenspielen“.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 292_a. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0292_a.jpg&oldid=- (Version vom 30.3.2022)