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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

( gemeinfrei ab 2025) W. Berdrow.     

Fastnachtsbräuche Im Sauerlande. In jener äußersten Ecke des westfälischen Sauerlandes, welche gleich einem Vorgebirge in das waldeckische Gebiet hineinragt, zu Obermarsberg, haben sich noch einige uralte Fastnachtsgebräuche erhalten, die durch ihre Originalität merkwürdig sind. Dort gehen am sogenannten Rosenmontag die Schönen der Stadt, mit einem Wisch von Stroh oder Zeug bewaffnet, in der Nachbarschaft umher und reiben den Einwohnern mit diesem Wisch die Füße, indem sie einen Scherzreim singen. Als Dank dafür werden die Mädchen mit Kaffee bewirtet; je mehr ein Mädchen zum Trinken genötigt wird, desto willkommener ist sie als – zukünftige Schwiegertochter.

Am andern Morgen kommen die Bursche ebenfalls zum „Schienenreiben“, wie man jene Sitte nennt; nur darf man diesen keinen Kaffee anbieten, die Bursche erhalten Wurst, die an eine mitgebrachte bändergeschmückte Heugabel befestigt wird. Auch hier spielt die Liebe eine Rolle: je größer die Wurst, desto lieber der Bursch, der sie empfängt. Zum Schluß wird der gesammelte Wurstvorrat in brüderlicher Gemeinschaft verzehrt, wobei es dann ohne tüchtiges Trinken nicht abgeht.

Aehnliche Gebräuche haben sich auch noch an anderen Orten des Sauerlandes erhalten. Meist beschränken sie sich auf einfach maskierte Umzüge der männlichen Jugend mit ebenso ursprünglicher Musikbegleitung. Ein Bursch mit einer Kiepe macht die Besuche in den Bauernhäusern und empfängt die Geschenke, (Würste und dergl.), welche dann ebenfalls gemeinschaftlich verzehrt werden. R. Brand.     


Nach einer Originalzeichnung von Hans Stubenrauch.

Zu unseren Karnevalsbildern. Das bunte Karnevalstreiben, die Zeit der Bälle, Kostüm- und Maskenfeste bietet den Malern eine unerschöpfliche Fülle von Anregungen zu anmutigen und drolligen Bildern. Dieser Art sind auch drei der Illustrationen, die unser heutiges Heft schmücken. Beliebt sind noch immer die leichten Masken der Pierrots und Pierretten mit den spitzen quastenverzierten Kopfbedeckungen, der weiten Halskrause und dem flotten seidenen Gewande. Sie kleiden trefflich die beiden „Faschingskinder“ auf unserem Bilde S. 69, die zweifellos zum ersten Male an einem Maskenball mitwirken und mit jugendlichem Uebermut an den Scherzen teilnehmen. Eine jüngere Frau, die schon viele derartige Feste mitgemacht hat, wählt das gesetztere Kostüm aus der Jugendzeit der Großmutter. (Vergl. die Kunstbeilage.) Sie studiert eifrig Bilder aus der guten alten Zeit, und es wird ihr sicher gelingen, Gang, Gebärde und Sprache der Tracht aus verschollener Zeit anzupassen. Eine Straßenscene, in moderner Manier mit wenigen charakteristischen Strichen dargestellt, führt uns die obenstehende Skizze „Hofball“ vor. Hier bewundert und kritisiert das vor der Einfahrt versammelte Zaunpublikum die Toiletten der Damen und die Uniformen der Würdenträger. – Bunte Masken, reiche Kleider erhöhen den Glanz der Feste, aber die wahre Fröhlichkeit ist an sie nicht gebunden. Die kommt vom Innern und entfaltet sich dort am schönsten, wo sich Menschen nach redlich gethanem Tagewerk und treu erfüllter Pflicht in heiterem Kreise erholen. Einen in diesem Sinne fröhlichen Karneval wünschen wir jung und alt in den weitesten Kreisen unserer Leser. *     



Kleiner Briefkasten.

(Anfragen ohne vollständige Angabe von Namen und Wohnung werden nicht berücksichtigt.)

R. A. in Berlin. Die Photographie des auf Seite 857 des vorigen Jahrgangs im Holzschnitt wiedergegebenen Bildes „Ich bin vom Berg der Hirtenknab!“ von Ludwig Knaus ist im Verlage der Photographischen Union in München erschienen.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner in Stuttgart. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig.
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0100.jpg&oldid=- (Version vom 4.1.2024)