Seite:Die Gartenlaube (1899) 0069.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

Halbheft 3.   1899.


Das Schweigen im Walde.
Roman von Ludwig Ganghofer.
(2. Fortsetzung.)


5.

Vor dem Jagdhaus droben wartete Pepperl pünktlich des Morgens um Zwei mit der Laterne, bis der Fürst aus der Thüre trat.

„So, da bin ich, Praxmaler! Es scheint, wir werden gutes Birschwetter haben.“

„Ein’ Morgen, Duhrlaucht, wie er net schöner sein könnt’.“

Martin war hinter dem Fürsten in der Thür erschienen und fragte:

„Bis um welche Stunde werden Durchlaucht zurück sein?“

„Das weiß ich nicht. Pepperl, was meinen Sie?“

Pepperl zog diplomatisch die Achseln auf und schmunzelte, wie man bei einem glücklichen Einfall lächelt. „Ja mein, da wird sich was G’naus net sagen lassen … Jagd is Jagd, da kann’s gehn, wie’s mag … es kann lang dauern, aber wir können auch in aller Fruh schon wieder daheim sein. Ja, Herr Kammerdiener … rühren S’ Ihnen nur net weg von Ihrem Posten, damit S’ net am End den Herrn Fürsten verpassen, wann er gahlings heimkommt. So, und jetzt geben S’ mir Ihr Büxl, Duhrlaucht … mit’m Bergstecken allein, da marschieren S’ Ihnen leichter! So … hab’ die Ehre, Herr Kammerdiener!“

Sie wanderten hinaus in die Nacht, Pepperl mit der gesenkten Laterne voran, und hinter ihm der Fürst, der zu Anfang etwas unsicher ging auf dem holprigen Weg, über den die schwankende Laterne ihren trüben, gaukelnden Schimmer warf. Aber es währte nicht lang’, und das Auge des Fürsten hatte sich an die Dunkelheit gewöhnt, sein Schritt an den rauhen Pfad.

„Sie können die Laterne löschen,“ sagte er, „dieses unruhige Licht stört mich nur … und ich hab’ es so gerne, in der Nacht zu gehen.“

Pepperl blies die Kerze aus, verbarg die Laterne in einem Busch und ließ seinen Herrn vorangehen auf dem Weg, der sich in dem nächtigen Walde mit mattem Grau von dem schwarzen Rasen abhob. Ein paarmal versuchte der Jäger ein Gespräch in Gang zu bringen. Da aber der Fürst, in Gedanken versunken, nicht zu hören schien, gab Pepperl schließlich diese Versuche auf. So wanderten sie stumm dahin, der kaum merklich steigenden Thalsohle folgend.

Die Nacht war schön und windstill; bald laut, bald wieder leiser werdend plauderte der Wildbach wie im Halbschlaf, in tiefer Schwärze stieg der schweigende Wald bergan, und über den grau verschwommenen Wänden funkelten am stahlblauen Himmel die zahllosen Sterne. Die Milchstraße, welche draußen in der dunstigen Ebene auch in hellen Nächten nur

Faschingskinder.
Nach einer Originalzeichnung von L. Schmutzler.


Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0069.jpg&oldid=- (Version vom 15.8.2023)