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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)


Inhalt.
Seite
Das Schweigen im Walde. Roman von Ludwig Ganghofer 1
Neue Heilbäder. Von Professort Dr. E. Heinrich Kisch. 15
Die Leuchten unserer Väter. Von Franz Bendt. Mit Illustrationen von A. Kiekebusch 17
Gedichte von Anna Ritter.
  Abendstunde 20
  Geheimnis 20
Fräulein Johanne. Novelle von Paul Heyse 20
Die „Frau von Auvernier“. (Mit Bildnis) 30
Die Wahrheit und die Legende über die Pariser Bastille. Von Felix Vogt 30
Blätter und Blüten: Armin bei der Hagadise. (Zu dem Bilde S. 4 und 5.) – Der Tribut. (Zu dem Bilde S. 9.) – Die Werbung. (Zu dem Bilde S. 13.) – Der Steuermann. (Zu dem Bilde S. 21.) – Junges Glück. (Zu dem Bilde S. 25.) – Nur immer bescheiden! Gedicht von Ernst Muellenbach. (Mit Abbildung.) – Anna Ritter. (Mit Bildnis.) – Das Sakramentshäuschen in der Lorenzkirche zu Nürnberg. (Zu dem Bilde S. 28 und 29.) – Deutschlands merkwürdige Bäume: die „Harfe“ in Frauenberg. (Mit Abbildung.) – Zu unseren farbigen Bildern.
Illustrationen: Ihr Lieblingsblatt. Von Fritz Steinmetz-Noris. S. 1. – Armin bei der Hagadise Von Ferd. Leeke. S. 4 und 5. – Der Stolz der Familie. Von G. S. Knowles. S. 8. – Der Tribut. Von L. Deutsch. S. 9. – Die Werbung. Von Franz v. Defregger S. 13. – Illustrationen zu dem Artikel „Die Leuchten unserer Väter“. Von A. Kiekebusch. S. 17, 18, 19. – Der Steuermann. Von G. Alaux. S. 21. – Junges Glück. Von P. Barthel. S. 25. – Das Sakramentshäuschen in der St. Lorenzkirche zu Nürnberg. Von Paul Ritter. S. 28 und 29. – Die „Frau von Auvernier“. S. 30. – Deutschlands merkwürdige Bäume: die „Harfe“ in Frauenberg. S. 34. – Nur immer bescheiden! Von C. v. Reth. S. 35. – Anna Ritter. S. 36.


Hierzu Kunstbeilage I: „Besuch der Freundin“. Von Karl Müller.




Kleine Mitteilungen.


Tierleben im Schwarzen Meere. Das Schwarze Meer ist in letzter Zeit Gegenstand von Untersuchungen der hervorragendsten russischen Gelehrten gewesen, die eine Fülle interessanter Thatsachen festgestellt haben. Wohl die interessanteste betrifft das Tierleben dieses Meeres, das einst ein abgeschlossenes Becken, mit schwachsalzigem Wasser angefüllt, darstellte. Infolge des während einer früheren Erdperiode stattgefundenen Einbruchs des Mittelländischen Meeres bildeten sich die unter dem Namen Hellespont und Bosporus bekannten Meerengen; die viel salzreicheren Wasser des Mittelländischen Meeres ergossen sich in das Becken und vernichteten jedenfalls das gesamte, einem viel weniger salzigen Wasser angepaßte Tierleben, dessen Reste auf den Boden niedersanken. Nun sollte man meinen, daß die mit dem salzigeren Wasser eingewanderten Tiere sich in dem Becken in ähnlicher Weise wie die vorherigen Bewohner verbreitet, das heißt im ganzen Becken ausgedehnt hätten. Aber dem ist nicht so.

Denn während wir aus den in den verschiedensten Tiefen – die größte Tiefe des Schwarzen Meeres beträgt etwa 2500 m – und an den verschiedensten Orten gefundenen Resten der früheren Bewohner den Schluß ziehen können, daß organisches Leben damals überall in dem Becken vorhanden war, beschränkt sich dies jetzt, von der Oberfläche ab, auf eine Tiefe von höchstens 100 Faden (etwa 183 m). Und dies hat seinen Grund darin, daß das Wasser des zum Leben für Pflanze und Tier notwendigen Sauerstoffs von dieser Tiefe an nicht allein völlig ermangelt, sondern daß es sogar mit giftigem Schwefelwasserstoff beladen ist, der, weiter nach der Tiefe zu, mehr und mehr zunimmt. Die Untersuchungen ergaben, daß in 100 Faden Tiefe der Kubikmeter Wasser 330 Kubikcentimeter, in 200 Faden 2200, in 950 Faden 5550 und in 1185 Faden 6550 Kubikcentimeter Schwefelwasserstoffgas enthält.

Woher rührt nun dies Gas?

Auch diese Frage konnte durch die angestellten Untersuchungen beantwortet werden. Wer einmal an faulen Eiern gerochen hat, wird den infernalischen Duft, den sie entwickeln, für alle Zeiten kennen. Dieser üble Geruch wird durch den Schwefelwasserstoff erzeugt, der infolge Zersetzung tierischen Eiweißes entsteht. Auch im Schwarzen Meer ist die Substanz, aus der er mit Hilfe einer Bakterie (Bacterium hydrosulfuricum ponticum) gebildet wird, Eiweiß, und zwar rührt dies von den in den oberen Wasserschichten des Schwarzen Meeres in ungeheuren Mengen lebenden Kleinwesen her. So massenhaft sie entstehen, ebenso massenhaft vergehen sie und sinken zu Boden. In andern Gewässern bilden sie die Nahrung der Bewohner der Tiefsee; hier, wo solche völlig fehlen, werden sie eine Beute der Bakterie, die aus ihnen Schwefelwasserstoff erzeugt.

Daß das Gas die obere, hundert Faden mächtige Wasserschicht nicht auch noch vergiftet, verhindert eine Unterströmung, die aus dem Mittelländischen Meer in das Becken des Schwarzen Meeres hineinführt. Beim Zusammentreffen mit diesem gesunden Wasser wird der Schwefelwasserstoff des vergifteten oxydiert und dadurch entgiftet. Ferner soll gerade in diesen Grenzschichten eine andere Bakterie sehr verbreitet sein, die eine Desinfektion des Wassers in der Weise herbeiführt, daß sie den giftigen Schwefelwasserstoff in unschädliche Verbindungen umwandelt.

Daß derartige in keinem andern Wasserbecken angetroffene Zustände haben eintreten können, erklären die russischen Gelehrten damit, daß durch die engen Meeresstraßen des Bosporus und Hellespont die Einwanderung der neuen Fauna aus dem Mittelländischen Meere nur sehr langsam vor sich gegangen ist und während dessen die Verderben bringenden Bakterien in den Tiefen, die durch den einziehenden Wasserstrom unberührt blieben, Zeit genug hatten, ihre Thätigkeit zu beginnen und das Wasser zu vergiften. –t.     


Die Sichtbarkeit der Töne und die Abbildung des Gesanges. Es ist seit langer Zeit bekannt, daß dieselben Wellenbewegungen der Luft, welche in akustischer Hinsicht die Klangwirkungen der Sprache und Musik hervorbringen, auch optisch dargestellt und zu sichtbarer Erscheinung gebracht werden können. Fast jedes teilweise gefüllte Weinglas zeigt, wenn man es am Rande mit dem benetzten Finger streicht, auf der Oberfläche der darin enthaltenen Flüssigkeit gewisse scharf begrenzte Figuren, während gleichzeitig ein bestimmter musikalischer Ton hörbar wird und mitunter zu beträchtlicher Stärke anschwillt. Ton und Bild hängen scheinbar von der Menge der im Glase befindlichen Flüssigkeit, in Wirklichkeit jedoch von der Höhe der darüber im Glase stehenden Luftsäule ab, durch deren Schwingungen sowohl die eine wie die andere Erscheinung entsteht. So wie hier giebt es noch viele andere Fälle, in denen, wenn nicht Töne, so doch Luftschwingungen durch die regelmäßige Gestalt, die sie gewissen flüssigen oder festen Körpern erteilen, sichtbar gemacht werden können, und Luftwellen und Töne sind ja in vielen Fällen eins. Um diese Erscheinung der Wissenschaft nutzbar zu machen, hat der Amerikaner H. Curtis einen Apparat erfunden, dem er die Bezeichnung Tonograph beilegte und dessen Bestimmung es ist, gesungene Töne unmittelbar aufzuzeichnen. Die betreffenden Noten werden in die eine Oeffnung eines knieförmigen Rohres, dessen andere und weitere Oeffnung nach oben gerichtet ist, unmittelbar hineingesungen und erzeugen auf einem dünnen, die obere Oeffnung des Tonographen überspannenden Häutchen die entsprechende Tonfigur. Um diesen Vorgang zu verstehen, muß man sich an die sogenannten Chladnischen Tonfiguren erinnern, die durch das Streichen eines Violinbogens am Rande einer dünnen mit feinem Sand bestreuten Platte entstehen. Die Figuren des Tonographen werden von den Luftschwingungen, welche der gesungene Ton im Rohre erzeugt und welche das Häutchen in Mitschwingung versetzen, hervorgebracht. Es ist nur nötig, auf das Häutchen eine geringe Menge eines feinen Pulvers zu schütten, welches aus getrocknetem Kochsalz und feinkörnigem Schmirgel gemischt ist. Durch die Schwingungen der Platte wird das Pulver zu einer regelmäßigen geometrischen Figur geordnet, welche genau der Tonhöhe entspricht und nach dem Verwischen in genau derselben Form und Größe wieder erscheint, so oft die gleiche Note mit derselben Reinheit wieder in das Rohr gesungen wird. Abgesehen davon, daß jeder reine Ton der Oktave ein seiner Schwingungszahl entsprechendes charakteristisches Bild ergiebt, zeigen die Tonbilder für ein geübtes Auge auch sofort an, welcher Oktave die gesungene Note angehört. Das Bild eines dreigestrichenen C ist dem eines zwei- oder eingestrichenen wohl in seinen Grundzügen ähnlich, aber entsprechend der weit höheren Schwingungszahl viel komplizierter. Indem man die Curtisschen Tonbilder mit weißfarbigem Pulver auf dem Hintergrund einer roten Membrane hervorbrachte, ließen sie sich sehr gut photographieren, und eine Sammlung solcher Tonphotographien ergiebt ein sehr anschauliches Bild des Unterschiedes zwischen den Noten verschiedener Schwingungszahl, sowie den Tönen, welche einerseits von dem geübten Organ einer Sängerin oder eines Musikers und anderseits eines Anfängers hervorgebracht werden. Ob sie aber auch, wie der Erfinder des Tonographen hofft, geradezu als Unterrichts- und Anschauungsmittel für angehende Sänger und Sängerinnen zu gebrauchen sein werden, muß dahingestellt bleiben. Jedenfalls wird es interessant sein, in Zukunft die Tonfülle, den Umfang und die Reinheit der Stimme bedeutender Sänger mit Hilfe des Tonographen aufzeichnen und mit photographischer Treue festhalten zu können. Vielleicht erleben wir es noch, daß mit der Photographie und den Zeugnissen einer angehenden Sängerin künftig auch das photographische Album ihrer Stimmmittel als Vorbedingung eines Engagements gewünscht wird. Bw.     

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 0_b. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0000_b.jpg&oldid=- (Version vom 11.8.2023)