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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

schon zur Zeit des ersten Christenkaisers Konstantin wurde die Grotte mit der schönen, noch heute ziemlich gut erhaltenen Kirche überbaut.

Dem Wanderer, der durch den fruchtbaren Grund Rephaim von Jerusalem nach Bethlehem zieht, bietet das Städtchen einen lieblichen Anblick. Bethlehem zählt heute gegen 5000 Einwohner, die fast ausschließlich Christen sind. In strebsamem Fleiße haben sie die terrassenförmigen Abhänge des Kalkgebirges durch Anlagen von Baumpflanzungen und Ackerfeldern fruchtbar gemacht, so daß die Stadt von einem Kranze grüner Gärten umgeben ist. Auch Weinbau und Viehzucht werden hier betrieben, und in hoher Blüte stand seit langer Zeit in dieser Gegend die Bienenwirtschaft. Das Wachs fand einen guten Absatz, denn die zahllosen Pilger, welche die heiligen Stätten besuchten, verwandten viel Kerzen als Opferspenden. Die Wallfahrten riefen in Bethlehem auch ein Kunstgewerbe ins Leben: die Bewohner schnitzen aus Holz, aus Früchten der Dumpalme und Muscheln allerlei Gegenstände, die mit Ansichten aus Palästina oder Darstellungen aus der biblischen Geschichte geschmückt sind. Derartige Andenken werden gern von jedem Besucher der Geburtsstätte Christi mitgenommen, und im Süden sind mit solchen Darstellungen gravierte Muscheln, die an der linken Schulter getragen werden, Kennzeichen der Pilger von den heiligen Stätten. *     

Die Enthüllung des Storm-Denkmals in Husum. (Mit Abbildung.) An die Erinnerungsfeste, die in diesem Jahr Schleswig-Holstein im Gedenken an die nationale Volkserhebung des Jahres 1848 begehen durfte, hat sich am 14. September ein solches zu Ehren des Dichters gereiht, dessen Schicksal aufs innigste mit jener Bewegung verknüpft war und dessen unvergänglich schöne Dichtung aus ihren Kämpfen erblüht ist. Die Enthüllung des Denkmals von Theodor Storm, die am 81. Geburtstag des vor 11 Jahren entschlafenen Dichters in Husum, seiner Vaterstadt, vollzogen wurde, war ein Fest, an welchem alle Schleswig-Holsteiner im Herzen freudig teilnahmen: hat doch niemand die Poesie ihrer meerumrauschten Heimat in Landschaft und Volkstum, in Geschichte und Sitte so greifbar und ergreifend, so lebenswahr und stimmungsvoll zu gestalten gewußt wie Theodor Storm. Diese poetische Kraft erwuchs seiner Heimatliebe aber im Exil. In den Jahren, welche er fern von Schleswig, in Preußen, verbrachte, wohin er nach dem völligen Sieg der Dänen ausgewandert war, in der Zeit von 1853 bis 1864, während welcher er in Potsdam und Heiligenstadt als Kreisrichter wirkte, entstanden die ersten jener Novellen, welche den stillen Zauber der norddeutschen Heide, den altertümlichen Reiz seiner Vaterstadt, die Gewalt und Pracht des heimischen Meers, das tiefe Gemütsleben seiner friesischen Stammesgenossen ganz unmittelbar in ihrer Eigenart schildern. Das Heimweh nach den Stätten seiner Jugend führte ihm damals beim Schaffen die Feder, doch beseelte ihn zugleich der trotzige Glaube, daß einem Lande von so deutscher Vergangenheit auch eine deutsche Zukunft noch erblühen werde. Und als der Traum seiner Sehnsucht erfüllt war, als Schleswig-Holstein in den „Ring des großen Reiches“ zurückgekehrt war, da befand er sich unter den ersten, die freudig der befreiten Heimat zueilten. In der geliebten Vaterstadt, der „grauen Stadt am Meer“ seines Lieds, ward er zum Landvogt ernannt. Aus frischer Anschauung schöpfte er jetzt das kräftige Lokalkolorit für die novellistischen Meisterwerke seiner späteren Zeit, deren Motive er meist alten Stadt- und Schloßchroniken Schleswig-Holsteins und der Sagenwelt des deutschen Nordseestrandes entnahm.

Das Theodor Storm-Denkmal in Husum.
Nach einer Photographie von John Thiele in Hamburg.

Seitdem ist Theodor Storm von der ganzen Nation in seiner hohen Bedeutung erkannt und anerkannt worden und die Beiträge für die Errichtung seines Denkmals kamen aus allen Gegenden Deutschlands. Am Tage der Einweihung prangten die Straßen Husums mit ihren ehrwürdigen Giebelhäusern in Flaggenschmuck. Die Enthüllung erfolgte in Anwesenheit des Herzogs Ernst Günther von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg, des Oberpräsidenten v. Köller, des Landtagsmarschalls und anderer Ehrengäste. Ein geborener Husumer, Professor Tönnies in Hamburg, hielt mit warmer Begeisterung die Festrede vor dem Denkmal, das einen schönen Platz im Schloßpark gefunden hat. Bürgermeister Menge übernahm es mit Worten voll Weihe. Der Theodor Storm-Gesangverein leitete die Feier mit Gesängen ein und gab ihr mit dem Vortrag von Storms Lied auf die Vaterstadt einen beziehungsreichen Abschluß. Das Denkmal selbst, eine Bronzebüste auf Marmorsockel, entspricht in seiner prunklosen Einfachheit dem Wesen des Dichters. Professor Brütt, auch ein Husumer, ist der Schöpfer desselben. Die Büste giebt den energischen Charakterkopf mit lebensvollem Ausdruck wieder; im Knopfloch trägt der Dichter einen Erikazweig, wie er es gern im Leben that; die schlichte Blüte, welche der norddeutschen Heide ihr Farbengewand giebt, war Theodor Storms Lieblingsblume.

Pommersche Fischer in Göhren. (Zu dem Bilde S. 733.) Göhren, auf der Insel Rügen, der Schauplatz unseres Bildes, ist seit langem schon eines der beliebtesten Seebäder. Aber obwohl die Fremden schönes Geld ins Land bringen, haben die Strandbewohner ihren ursprünglichen Beruf noch nicht aufgegeben. Hochsee- und Küstenfischerei werden gleicherweise mit glücklichem Erfolge betrieben. Gefangen werden Aale, Hechte, Barsche, Dorsche, Sprotten, Plattfische aller Art u. a. m., vor allem aber Heringe. Die geräucherten Flundern und Spickaale von der pommerschen Küste sind berühmt, ebenso die Stettiner und Stralsunder Heringe. Die verhältnismäßig kleinen Segelboote auf unserem Bilde zeigen, daß die Männer von einem Fang in der Nähe der Küste zurückgekehrt sind; die Schiffe sind auf den Strand gezogen, die Segel sind noch ausgespannt, damit sie in der Sonne trocknen; zum Trocknen sind auch die Netze über die auf Stangen ruhenden Querhölzer gelegt. Augenscheinlich ist man soeben beschäftigt, den Fang – es dürfte sich um Heringe handeln – zu sortieren. Was geeignet erscheint, wird eingesalzen und in Fässer gepackt, um so weiter verfrachtet zu werden.

Ein Kleeblatt. (Zu dem Bilde S. 737.) Fidel geht es zu in diesem anspruchslosen Kellerstübel, das muß man sagen! Die zwei Musikanten gehören zu den lustigen Brüdern, die nicht nur ums Geld ihre Kunst üben, sondern selbst ihre Freude daran haben und einen guten Trunk gern mit fröhlichem Schall begleiten. Kommt dann noch ein junger Springinsfeld als Zechkumpan dazu, der von schönen Abenteuern zu berichten weiß, so ist ein Kleeblatt fertig, das nicht sobald wieder aus dieser kühlen Trinkstube weichen wird. Es mutet’s ihnen auch niemand zu, im Gegenteil: die hübsche Kellnerin im weißen Kopftuch kommt, von dem fröhlichen Spektakel angezogen, und bringt einen Krug vom Guten mit. Ein schallendes „Hoch“ lohnt ihr solche Mildherzigkeit, und wenn sie etwa Lust haben sollte, sich auf dem freien Schemel für ein Weilchen niederzulassen als viertes Blatt, das Glück bringt – die anderen drei werden sicherlich nichts dagegen haben! Bn.     

„Aus Fritz Reuters jungen und alten Tagen“. Karl Theodor Gaedertz in Berlin, der Verfasser verschiedener Schriften über Fritz Reuter, die von Verständnis und Liebe für den Dichter zeugen, ist im Begriff, einen dritten Band seines biographischen Sammelwerks „Aus Fritz Reuters jungen und alten Tagen“ zu schreiben. Er bittet im Interesse der Vollständigkeit seines Werkes alle diejenigen, welche bisher ungedruckte Briefe, Gedichte oder sonst Handschriftliches von Fritz Reuter und seinem Freundeskreise besitzen, desgleichen Bilder und Zeichnungen von ihm und persönliche Erinnerungen an ihn bewahren, solche Reliquien ihm zur Benutzung leihweise anvertrauen zu wollen. Entsprechende Sendungen wären an Herrn Professor Dr. K. Th. Gaedertz, Königlichen Bibliothekar, in Berlin, S. W. Belleallianceplatz 14, I, zu richten. Die eben erschienene Denkschrift „Fürst Bismarck und Fritz Reuter“ von Gaedertz (Verlag von Hinstorff in Wismar) ist ein ansprechender Beweis für die besondere Begabung des Verfassers, derartige Denkwürdigkeiten in historischem Zusammenhang darzustellen.


Kleiner Briefkasten.

Fräulein K. L. in Hamburg. Die Adressen der genannten Schriftstellerinnen finden Sie sämtlich in dem „Lexikon deutscher Frauen der Feder“ von Sophie Pataky (Verlag von Carl Pataky in Berlin) verzeichnet. Das zweibändige Nachschlagewerk enthält eine Zusammenstellung aller seit dem Jahre 1840 in deutscher Sprache erschienenen Werke weiblicher Autoren nebst den Biographien der letzteren, soweit sie noch am Leben sind.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner in Stuttgart.0Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig.
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 740. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0740.jpg&oldid=- (Version vom 19.4.2023)