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Gebrauch der Bronze in der plastischen Kunst seit den ältesten Zeiten bei allen Völkern geschätzt worden.

Nächst dem Gold und Silber ist das Kupfer dasjenige Metall, das den Menschen am frühesten bekannt war und von ihnen in Krieg und Frieden benutzt wurde. Später erst erhielt man durch Legierungen des Kupfers mit Zinn die sogenannte



echte Bronze, welche einem ganzen Zeitalter menschlicher Entwicklung den Namen gegeben hat. Die ältesten Bronzedenkmäler, kolossale Statuen des Buddha, finden sich am Altai und in Indien. Die Bronzen in Aegypten, sowie im nördlichen und östlichen Europa, das durch den Handel der Phönicier mit den alten Kulturländern am Mittelmeer in Beziehungen stand, zeigen im wesentlichen dasselbe Material wie die asiatischen.

Für das homerische Zeitalter ist neben der Verwendung des reinen Kupfers zu Waffen und Geräten wohl auch schon der Gebrauch der Bronze anzunehmen; ihre höchste Bedeutung aber erhält diese für die Kunst des klassischen Altertums. Die Sitte, einem verdienten Menschen Bildsäulen zu besonderer Ehrung zu errichten, stammt von den Griechen. Wie verbreitet sie war, davon können wir uns nur schwer eine rechte Vorstellung machen. Soll doch allein Lysippus, der Bildhauer Alexanders des Großen, 1500 Statuen geschaffen haben, alle von nicht geringem Kunstwert, und darunter manche von stattlicher Größe. So war nach Plinius ein Apoll 30 Ellen, ein Jupiter 40 Ellen hoch, und der Sonnenkoloß zu Rhodos, von Chares, einem Schüler des Lysippus, gefertigt, hatte eine Höhe von 70 Ellen. Alle diese Bildwerke sind aus echter Bronze hergestellt, wie sie in ganz ähnlicher Mischung heute noch zum Geschützguß benutzt wird. Die Mysterien von Samothrake sollen unter anderm die Geheimnisse enthalten haben, welche angewandt wurden, um die Bildung des schädlichen Zinnoxyds bei der Bereitung zu verhindern. Ein Zusatz von Zink, der seitdem für die Statuenbronze üblich geworden ist, findet sich erst von der Zeit Julius Cäsars an.

Während der Stürme der Völkerwanderung und der folgenden kriegerischen Jahrhunderte fand die antike Bronzefabrikation eine Zufluchtsstätte in Byzanz. Von da kam sie im 9. Jahrhundert nach Deutschland. Zu den bemerkenswerten Arbeiten des 11. Jahrhunderts gehören die Thüren am Münster zu Aachen sowie an den Domen zu Mainz, Augsburg und Hildesheim. Hier, am Fuße des Harzes, nahm die Kunst einen neuen Aufschwung: die Erze des Rammelsberges bei Goslar lieferten das Material. Zu besonderer Blüte gelangte der Bronzeguß durch die Familie Vischer in Nürnberg. Peter Vischers Sebaldusgrab ist ihr berühmtestes Werk. Und selbst das Leid des Dreißigjährigen Krieges vermochte die Errungenschaften der Technik nicht zu vernichten. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts goß Johann Jacobi nach Schlüters Modell das Reiterstandbild des Großen Kurfürsten für die Lange Brücke zu Berlin. In neuerer Zeit knüpfen sich die größten Erfolge des deutschen Bronzegusses u. a. an die Leistungen von Stiglmayer und Miller in München, Howaldt in Braunschweig, Burgschmiet in Nürnberg, Stotz und Pelargus in Stuttgart, der Gießerei Lauchhammer und zum guten Teil an den Namen Gladenbeck. Zwei Fabriken seines Zeichens giebt es jetzt in Friedrichshagen bei Berlin, die ursprüngliche alte, jetzt Aktiengesellschaft, und ein neueres Unternehmen, die Gießerei zweier Söhne des alten Gladenbeck. Ein Besuch der letzteren gab die Anregung zu dieser Betrachtung. Dort sind auch die Bilder aufgenommen, welche unser Text erläutert.

Es ist ebenso unterhaltend wie belehrend, durch diese Anlagen zu wandern, in denen Kunst und Gewerbe sich zu innigem Bunde die Hand reichen, und zu beobachten, wie nach dem vergänglichen Gipsmodell des Bildhauers allmählich das wie für die Ewigkeit geschaffene Werk des Bronzegießers entsteht. Auf dem untenstehenden Bilde ist man beschäftigt, die Gipsmodelle, wie sie vom Bildhauer stammen, für die Formen herzurichten. Die große Statue im Vordergründe stellt den norwegischen Dichter Björnson dar.

Man hat zwei Methoden zur Herstellung der Form für den Guß: das Wachsschmelzverfahren und die Sandformerei, von denen wir hier nur die erstere zu berücksichtigen haben. Im Altertum war die primitivste Art die, daß man ein massives Wachsmodell herstellte und dieses dann mit Lehm oder einem anderen geeigneten Material in dicker Schicht umgab, wobei man ein paar Kanäle offen erhielt. Die erhaltene Masse trocknete und erhitzte man so lange, bis durch Ausschmelzen des Wachses ein Hohlraum entstanden war, in den man das flüssige Metall eingießen konnte. Dies mußte nach Erkalten naturgemäß die Form des ursprünglichen Wachsmodelles zeigen. Hierbei ergab sich jedoch der Nachteil, daß der Gegenstand massiv gegossen wurde. Das war bei größeren Werken unmöglich, sowohl der Kosten wie des Gewichts wegen. So suchte man schon im Modell ein festes Inneres herzustellen. Nach Benvenuto Cellini formte man im Mittelalter ebenso wie im Altertum zunächst aus Lehm über


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verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 365. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0365.jpg&oldid=- (Version vom 16.8.2017)