verschiedene: Die Gartenlaube (1898) | |
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Sperrt also gütigst eure Ohren recht weit auf, namentlich ihr zwei Erzschlauberger: Obermeyer und Rühnking, und merkt euch ganz genau, was ich euch sage, sonst –“ Ein undeutliches, aber drohend klingendes Gemurmel beendet den Satz, mit welchem Sergeant Hummel die erste mündliche Dienstunterweisung bei seinen Rekruten begonnen hat. Den militärischen Neulingen wird nun zunächst eingeprägt, welchem Truppenteile sie angehören, Name und Zahl des Regiments, beziehungsweise des Bataillons und der Kompagnie. Dann geht der Vortragende weiter zur Brigade, zur Division und zum Armeekorps, wobei seinen Zuhörern das Behalten schon schwerer fällt, und die Namen der direkten Vorgesetzten, vom Korpskommandeur bis zu den Kompagnieoffizieren, ihnen einzuprägen, ist nun gar eine schlimme Aufgabe. Sie erpreßt den Rekruten zahlreiche Tropfen Angstschweiß, und mancher von ihnen träumt sogar von dieser endlosen Liste schwer zu behaltender Namen. Da kann es vorkommen, wenn der Korporalschaftsführer nächtlicherweile unwillig ruft: „Wer schnarcht da hinten so mörderlich?“, daß der so plötzlich aus dem Schlafe und seinen ängstlichen Träumen Aufgescheuchte mit der Antwort emporfährt: „Seine Excellenz der kommandierende General von X.!“ Nicht minder schwierig gestaltet sich die Gewehrinstruktion, die Unterweisung über das Gewehr, seine Einrichtung und einzelnen Teile, wobei die erheiterndsten Antworten zu Tage gefördert werden.
Auch auf Karl Müllers ergötzlichem Gemälde hat der aufgerufene
und stramm dastehende Rekrut auf die an ihn gerichtete Frage des
gestrengen Herrn Sergeanten eine möglichst dumme Antwort gegeben.
Man sieht es dem angebenden Vaterlandsverteidiger an, daß das Pulver
sicherlich noch nicht erfunden wäre, hätte es von ihm abgehangen,
und daß er seinem Lehrmeister am liebsten mit Lohengrin zuriefe:
„Nie sollst du mich befragen!“ Da nun aber die unerbittliche militärische
Disziplin erheischt, daß er antwortet, so hat er verzweifelt
den einen Nebenmann angestoßen, damit er ihm aushelfe, was dieser aber
nicht thut. In dieser Not flüstert ihm sein Hintermann, ein Schalk,
etwas zu, was der Arglose alsbald laut wiederholt, wodurch er die
helle Heiterkeit des einen Nebenmannes, wie des am Fenster stehenden
Gefreiten hervorruft. Der Sergeant dagegen bewahrt seinen würdevollen
Ernst und blickt zürnend auf den Sünder, der ihm – er weiß es – noch genug zu schaffen machen wird, bis er ihm nur das Notdürftigste glücklich eingetrichtert hat. „Obermeyer,“ sagt er, „setzen Sie sich. Jede Kompagnie muß ja einen Dummkopf haben, aber Sie können schon für drei gelten!“
Eingeregnet. (Zu dem Bilde S.349.) Der Mißmut, welcher den Maler auf unserem Bilde erfüllt, dürfte wenigen Lesern fremd sein. Denn wem von ihnen sind nicht auch schon kostbare Ferientage verregnet und welchen Alpentouristen gar wäre das Mißgeschick noch nicht widerfahren, mitten in der schönsten Naturumgebung „eingeregnet“ zu werden? Für den Maler aber, der mit seinem Malgerät im Rucksack hinauf in die Berge zog, um das Schönste, was ihn entzückt, mit treuem Fleiße zu malen, hat solche Heimsuchung noch ihre besondere Bitterkeit. Wie soll er weiter schaffen an seinem Bilde, wenn Regengewölk und Nebelgebräu die Landschaft verhüllen? Wie soll er sich in Geduld fassen, wenn ein Tag nach dem andern grau in grau dahinschleicht und die Farben auf der Palette unbenutzt eintrocknen, während die Regenflut Weg und Steg überschwemmt?
Unser Flüchtling ist noch im ersten Stadium einer solchen hochnotpeinlichen Geduldprobe. Noch darf er hoffen, daß das Unwetter, das ihn mit seiner Malerei unter das Vordach einer Sennhütte trieb, sich bald ausgetobt haben wird. Aber er kennt diese Gebirgsregen und ihre Zähigkeit; die schlimmsten Befürchtungen gewinnen Macht über ihn... Wenn er
verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 355. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0355.jpg&oldid=- (Version vom 19.6.2022)