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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

organisierter und auf dem Grundsatze der Gegenseitigkeit beruhender Stellenvermittelungsinstitute, die bis in die entlegensten Ortschaften verzweigt sind und diese mit den Mittelpunkten des Handels in Verbindung setzen. Daneben bestehen Pensions- und Krankenversicherungsvereine; beispielsweise zählt die Pensionskasse des Hamburger Vereins 7000 Mitglieder und besitzt ein Vermögen von 4½ Millionen Mark.

Gustav Unkart.
Nach einer Aufnahme von Benque & Niedermann, Hofphotographen in Hamburg.

Gustav Unkart war am 25. Juli 1842 zu Leobschütz als Sohn eines Pfarrers geboren und zu Neuhaus bei Sonneberg in Thüringen aufgewachsen. Durch die lange, arbeitsreiche Zeit jedoch, die er in Hamburg zugebracht, und durch die tiefen Einblicke, die er als Leiter des Vereins gewonnen, war er gewissermaßen ein Sohn jener Metropole des deutschen Handels geworden, die nun sein Ableben aufrichtig beklagt. Der Hamburger Verein bildete den Angelpunkt seiner Lebensthätigkeit, um ihn drehte sich sein ganzes Sinnen und Trachten und an ihm hing er mit unauslöschlicher Liebe. Trotzdem hat er aber nicht für diesen Verband allein gewirkt, sondern sein Blick und seine Fürsorge reichten weiter und umfingen den ganzen Stand der Handelsangestellten mit warmem Interesse. In Hamburg soll – ganz dem Wesen und der Sinnesart des Verstorbenen entsprechend – sein Andenken dauernd durch eine Stiftung festgehalten werden, die den Namen „Unkart-Stiftung“ tragen und der Unterstützung bedürftiger Handelsangestellter dienen wird. A. M.     

Unter Blüten.
(Zu dem Bilde S. 297.)

Ob sich alle Sträucher mühten,
Zu entfalten blüh’nde Pracht:
Schöner sind zwei Mädchenblüten,
Die der Jugend Reiz umlacht.

Leis die Schlummernde zu wecken,
Sinnt der Freundin Uebermut;
Ladet doch im Marmorbecken
Schon zum Bad die kühle Flut.

Sich der Jugend zu gesellen,
Muß der Liebe Sendung sein;
Seht, der Venus Tauben stellen
Sich zu frommem Gruße ein!

Schönheit gleich dem Blütenregen
Bald im Windeshauch versprüht,
Wenn der Liebe reicher Segen
Nicht im tiefsten Herzen blüht.
 R. v. G.

Deutschlands merkwürdige Bäume: die Linde in Geisenheim. (Mit Abbildung.) Der Baum, den wir heute unsern Lesern im Bilde vorführen, ist dadurch merkwürdig, daß er zwei Laubkronen, eine obere und eine untere, besitzt. Er steht zu Geisenheim im Rheingau und ist ein Exemplar der kleinblättrigen sogenannten „Winterlinde“. Seine Höhe beträgt 21 m. Der Stamm hat 1 m über dem Boden einen Umfang von 3,67 m, in der Höhe von 6,50 m aber nur noch einen Umfang von 2,70 m, die Spitze der unteren Krone erreicht 6 m Höhe. Die eigenartige Gestalt ist der Linde durch Menschenhand verliehen worden. Vor Jahren wurden in den unteren Teil des Baumes Lindenreiser in regelmäßigen Abständen voneinander eingepfropft. Diese bilden jetzt starke Aeste, welche die stattliche schattenspendende untere Krone darstellen. Die Linde dürfte ein Alter von 150 bis 180 Jahren besitzen.

Deutschlands merkwürdige Bäume: die Linde in Geisenheim.
Nach einer photographischen Aufnahme von C. Hertel in Mainz.

Woraus besteht der Mensch? Welche müßige Frage, wird mancher denken: aus Fleisch und Knochen in der Hauptsache, und noch einigen kleinen Anhängseln, wie Haaren, Nägeln etc. Aber so ist’s doch nicht gemeint, vielmehr ist die Antwort auf die Frage gar nicht so leicht, wie aus dem Folgenden hervorgeht. Der Leib des Menschen besteht aus 13 Grundstoffen, 5 gasförmigen und 8 festen. Die ersteren sind Sauerstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Chlor und Fluor, die festen: Kohle, Calcium, Phosphor, Schwefel, Kalium, Natrium, Magnesium und Eisen. Den Hauptbestandteil bildet der Sauerstoff in einem Zustande äußerster Verdichtung. Auf einen Normalmenschen von etwa 80 kg Gewicht würden sich nach den genauen Untersuchungen, die hierüber angestellt sind, diese Stoffe folgendermaßen verteilen: Sauerstoff 44 kg (unter gewöhnlichen Verhältnissen, im gasförmigen Zustand, würde dies Quantum einen Raum von 28 cbm einnehmen), Wasserstoff 7 kg (die, um als Gas Unterkunft zu finden, einen Raum von etwa 80 cbm beanspruchen würden), Stickstoff 1,72 kg, Chlor 0,8 kg, Fluor 0,1 kg. Unter den festen Stoffen überwiegt die Kohle, von der 22 kg vorhanden sind, hierauf folgt das Calcium mit 1,75 kg, Phosphor mit 0,8 und Schwefel mit 0,1 kg, endlich das Kalium mit 80, das Natrium mit 70, das Magnesium mit 50 und das Eisen mit 45 g. Dr. – dt.     

Maienblasen in Innsbruck. (Zu dem Bilde S. 293.) Wie in anderen deutschen Städten, so wird auch in der tirolischen Landeshauptstadt Innsbruck der erste Tag des Wonnemonats Mai nach alter Sitte mit Musikklängen freudig begrüßt. Und zwar ist hierfür seit jeher der malerische, altersgraue Stadtturm ausersehen, von dessen Rundgalerie am ersten Mai in früher Morgenstunde die Musik hinausdringt über die Dächerreihen ins freie Land und hinauf zu den Bergen, welche das grüne Innthal umkränzen.

Ringsum liegt noch alles in stiller Ruhe, kein Wagengerassel in den Straßen und Gassen, wenig Menschen begegnet man auf den Bürgersteigen, die breite Innbrücke zeigt sich fast gänzlich öde und leer, da knarrt hoch oben in dem fast sechzig Meter bis zur Spitze messenden Stadtturm das Pförtchen zum äußeren Rundgange, und bald nachher tönt die Melodie des „Mailüfterl“ frisch und fröhlich in den sonnigen Morgen hinaus. Aus dem Erkergemach über dem Rundgang streckt Vater Oelhofer, der nun schon bald fünfundzwanzig Jahre lang als sturmerprobter Turmwart hier oben in luftiger Höhe haust, seinen Kopf durch das kleine Fenster und raucht als buchstäblich „höchste“ Persönlichkeit im Auditorium dieses Maienkonzertes ein Morgenpfeifchen, während bald da, bald dort in der Nachbarschaft ein Fenster sich öffnet und Tücher gegen die Turmgalerie geschwenkt werden als Begrüßung sowohl der Maienmusik, als auch des lange ersehnten Wonnemonats selbst.

Eine weitere, gewiß „hochgeborene“ Persönlichkeit – da deren Wiege hier oben hoch über dem Getriebe der sonstigen Innsbrucker Menschheit stand – finden wir auf unserem Bilde in des Turmwarts freundlichem Töchterlein, das wohl besonders sich freuen mag, das Alltagsleben auf der Hochwarte der Stadt, nach der langen, eintönigen Winterszeit, durch das melodische Liederkonzert der schmucken Musikanten unterbrochen zu sehen. Von der Umgebung grüßt zunächst unten am alten Stadtplatze der Erker an der einstigen Innsbrucker Herzogsburg mit dem goldenen Dachl zur luftigen Turmgalerie herauf, weiter draußen spannt sich die Innbrücke über den vielbesungenen Alpenfluß, und rings um die von mancherlei spitzen Kuppeltürmen überragten Häuserreihen erheben sich die Berge in all ihrer stolzen Pracht, ernst und wild, starr und schneebedeckt, indes vor den Thoren thalauf und -nieder und im nahen Mittelgebirge schon alles grünt und blüht in voller Frühlingsherrlichkeit.

Die Lieder sind bald verklungen, und nun wird’s wieder still und einsam im Turme bis zur Reisezeit im Sommer; dann steigen von den vielen tausend Alpenfahrern, welche die schöne tiroler Hauptstadt besuchen, alltäglich Dutzende zum Stadtturm hinan, da dessen luftiger Rundgang eine reizend schöne Fernsicht auf Stadt und Land, über Berg und Thal gewährt, ein Landschaftspanorama, wie es sonst eben nur auf entfernteren Höhen sich bietet. J. C. Platter.     

Verbrauch von Bodenbestandteilen durch die Pflanzen. Es ist eine altbekannte Thatsache, daß die Pflanzen zusammen mit dem Wasser durch ihre Wurzeln kleine Mengen von Mineralsubstanzen, die sie zum Aufbau ihrer Organe nötig haben, aus dem Boden aufnehmen. Wie uns die Aschenanalyse zeigt, kommen bei den einzelnen Pflanzen nur geringe Mengen in Betracht, die an die Massen des verbrauchten Wassers nicht heranreichen. So haben Untersuchungen gezeigt, daß eine einzige Sonnenrose in 140 Tagen dem Boden 66 Liter Wasser entnahm, während ein Hektar eines 115jährigen Buchenwaldes vom 1. Juni bis zum 1. Dezember 2,4 bis 3,5 Millionen Liter verbrauchte. Freilich bleibt ja das Wasser nicht in der Pflanze, es verdunstet, hauptsächlich durch die Blätter, fast vollständig wieder, während die in ihm gelöst enthaltenen Mineralbestandteile in der Pflanze abgelagert werden. Aber wenn auch die Menge der Mineralsubstanzen in der einzelnen Pflanze nur gering ist, so ergeben sich doch für die Pflanzenwelt eines größeren

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verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 323. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0323.jpg&oldid=- (Version vom 13.12.2020)