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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

Ein Tischlein deck dich.
Nach einem Gemälde von Paul Reiffenstein.

ziemlich aufgeregt. Vom Observatorium am Vesuv waren nicht sehr erbauliche Nachrichten gekommen. Der Vesuv da – – er dampft ja heute mächtig, meine Freunde, oder thut er das immer?“

„So wie heute noch nie,“ erwiderte Rutenberg.

„Na, das wär' ja wohl auch egal. Aber vom Observatorium telegraphieren sie, der Vesuv macht Anstalten, wieder ein paar von den Städten da zu verschütten, – oder so was dergleichen. Der wackere Palmieri –“

„Wer ist Palmieri?“ fragte Schilcher.

„Wer Palmieri ist? Der Professor da oben auf dem Observatorium, der dem Vesuv auf die Finger sieht, ihn mit seinen Instrumenten und Seismographen Tag und Nacht beobachtet, ein sehr braver und sehr berühmter Mann. Der meldet ja ganz absonderliche Sachen! Im Krater ist der Teufel los. Der alte Feuerberg da hat heute nacht gebebt und gezuckt, wie seit Menschengedenken nicht, wohl an zwanzigmal –“

„Ja,“ warf Lugau dazwischen, „er soll sich förmlich geschüttelt haben. So soll er gebebt haben!“ Lugau versuchte es nachzumachen, mit Armen und Beinen. Rutenberg brach in Lachen aus.

„Sie übertreiben, Lugau!“ sagte er dann – „Gebebt? Merkwürdig, man sieht doch dem alten Burschen nichts an – Bis auf das bißchen Qualmen – lammfromm sieht er aus.“

Wild nickte überlegen „Stille Krater sind tief!“ Ich versteh's ja nicht, ich bin nur ein Doktor der Medizin, für Herzbeben und Bauchgrimmen; aber der Professor, der große Palmieri erwartet ja einen Ausbruch wie damals, – als Pompeji und Herculaneum verschüttet wurden. Du sollt’st also nicht mehr lachen, Rutenberg, es ist ’ne ganz verteufelt ernsthafte Geschichte. Wenn wir das erleben sollten, daß dieser ganze Golf wieder, wie damals, von Erdbeben geschüttelt, mit Asche und Steinen bedeckt würde –“

Arthur von Wyttenbach trat näher mit einer jähen Armbewegung. „Der ganze Golf?“ fragte er. Wild nickte. Nun schüttelte Arthur doch lächelnd den Kopf. „Uns hier in Sorrent, so weit davon, wird ja doch nichts geschehn!“

Wild durchbohrte den jungen Mann mit seinen ernsthaften Augen: „Ja, das sagen Sie wohl, junger Herr. Das mögen die guten Sorrentiner auch damals gesagt haben, im Jahr neunundsiebzig – bis die Asche kam – jawohl! bis die Asche kam! Lesen Sie Plinius nach, den alten Plinius! Um so ein paar Meilen Entfernung kümmert sich ein tüchtiger Wind nicht … Bis die Asche kam und ihnen so lange auf die Dächer, in die Häuser, auf die Köpfe fiel, bis sie ganz genug hatten!“ – Wild sah Gertrud und dann die andern mit seinen wohlwollendsten Blicken an: „Ich will hier um Gottes willen niemand bange machen, aber verhehlen, was wahr ist, und uns in Sicherheit einwiegen, das ist denn doch auch nicht meine Sache, denk’ ich!“

„Nein, da haben Sie recht,“ sagte Lugau und schüttelte den Kopf.

Rutenberg war, wie in beginnender Unruhe, um Wild und dann um Schilcher herumgegangen, er flüsterte jetzt an Schilchers Ohr. „Sie ahnen nicht, was ich eigentlich im Sinn habe, nur so ein Spaß, denken sie …“

„Also auch Sorrent?“ begann Arthur wieder; er lächelte jetzt nicht mehr…. „Sie meinen, auch Sorrent – ?“

Wild zuckte mit den Achseln. „Lieber Herr, ich meine nichts; ich

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 785. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_785.jpg&oldid=- (Version vom 27.11.2021)