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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

Einzug der siegreichen Truppen in die Festung von Ofen (1686).
Nach dem Gemälde von G. Benczur.

Allmählich zog er aber doch sein Taschentuch hervor, und obwohl es auf der Treppe durchaus nicht heiß war – im Gegenteil, ihn begann zu frieren – rieb er sich die Stirn mit dem Tuch, und die beiden Schläfen. Er horchte auf die Musik und dachte: Vorhin ging dieses Mädel beständig „auf das offene Himmelsthor“. Gott in deinem Reich! Wenn dieser Bengel ihr Himmelspartner wäre …

Auch über ihn kam nun doch eine böse Unruhe; er ging die Stufen hinunter, trat in Rotenbergs Wohnung ein und machte die Thür hinter sich zu. Heute hatte er einmal gedacht, er, der nie getanzt hatte, es ist Trudels Ball, ich werde vielleicht grotesk und mache die Polonaise mit! Das war ihm nun gründlich vergangen, er wäre am liebsten gleich wieder in sein Nest gekrochen, als „einsamer Spatz“. Er drückte sich am Ballsaal vorbei, flüchtete in das Bücherzimmer, das man für heute zum Spielzimmer gemacht hatte. Hier war er wenigstens allein, alles „promenierte“ in der Polonaise, und der Zug war hier schon durchmarschiert und kam nicht wieder. Sich in eine Ecke setzend, die grimmigen Brauen heruntergezogen, die schmalen Lippen ineinandergepreßt, saß er mit seinem holzigsten Gesicht unbeweglich da, bis die Musik ein Ende gemacht und wenigstens dieser Unsinn – einer von vielen auf der Welt! dachte er – aufgehört hatte.

Lugau und Wild, die Whistbrüder, kamen miteinander herein; sie wunderten sich nicht, den dritten Mann schon vorzufinden, und zwar in seiner gewohnten Ecke. „Mit dem Gänsemarsch wären wir fertig!“ sagte Doktor Wild zufrieden. „Jetzt wär’ also die Zeit gekommen, einen kleinen Robber zu machen, Schilcher, treten Sie an!“

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 704. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_704.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)