Seite:Die Gartenlaube (1897) 701.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

An Ihren Sohn.
Nach einem Gemälde von Gerh. Janssen.




Jetztern kummt der Stillstand. Verliabte Leut brauchen kein große Pfannen, die Lieb zehrt und nährt.

Aber nachher! Hui nachher! Jetzt her mit einer Pfannen, weit und breit, und tief! Erst eß'n zwei, nachher drei, nachher vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn.

„Oha, oha! aufhärst!“ schrieen und lachten die Leute alle durcheinander.

Der Pfannenflicker ließ sich jedoch nicht aus der Fassung bringen. Langsam drehte er sich auf seinem Schemel herum, gegen den Bauer.

„Wie lang’ bist verheiratet?“

„Mei,“ antwortete der Bauer, strich sich mit der rechten Hand die Haare glatt in die Stirne und schaute hinauf zum Oberboden, als wäre dort die Jahrzahl seiner Verehelichung aufgeschrieben. „Jetz wart lei. Wenn ist die sell große Trück’n gwest? Im selben Jahr, wo dem Brentacher die große Kuh hin gword’n ist. Teufl, daß mir’s Jahr nit einfallt.

„O geh, du Schiacher,“ lachte die Bäuerin hinein, „sechs a halb Jahr sein mir halt beinand.“

„Alsdann, was übertreib’ i denn,“ eiferte der Pfannenflicker. „Sechs junge Egger und Eggerinnen stehn da in der Stuben. Kannst no a Weil’ zähl’n, Bäurin. – Jetzt wo bin i stehn blieben? Ja richtig! – Da sitz’n a großmächtiger Haufn Kinder um den Tisch und da verlangt’s a mächtige Pfannen.

Dös hebt si so a zehn – fufzehn Jahrlen, nachher beginnt wieder der Abbau. Die Kinder gehn fort in die Welt außi, die Mutter nimmt schon a schmälere Pfannen, und gar nit wissen thust, wo die Zeit hin ist – sitz’n die zwei Leutlen im Ausgeding hinter an kloan Pfandl. Und auf z’ letzt pappelet die Alte ihr Ahndl g’rad’ so mit an Milchmüasl auf wia zu Anfang. A Pfandl mit fünf – sechs Löffel langt g’rad’ g’nuag.

Schweigend saßen die Leute eine Zeit lang da und dachten über den Vergleich des alten Männleins nach, die Pfannen und das menschliche Leben. „Jetzt geh’ i fensterln, mit Verlab, schmunzelte der Alte. „O beleib, zu dir nit, Anna,“ drohte er zu den Mägden hinüber, „und zur Burgl a nit und a nit zum Barbele. I spitz auf a ganz junge. Ja ja, ich bin a Hoagler[1], i der Pfannenflicker!“

Die Leute ließen den Spaßvogel gewähren, denn die Bäuerin hatte ihnen schon früher einen Wink gegeben, der Pfannenflicker bringe dem Rosele eine wichtige Nachricht. Das stille, traurige Kind hatten alle Leute auf dem Eggerhofe gern und von Herzen wünschte jedes, die Nachricht möge eine gute sein. Der Pfannenflicker trat in die finstre, rußige Küche, nahm ein Scheit und zündete sich sein Pfeifchen an.

Auf der Herdecke saß das Rosele und erwartete hochklopfenden Herzens die Anrede des alten Freundes.

„Rosele, da herinnen in der Kuchl kann i nit redn, wie mir’s ums Herz iß. I muß den freien Himm’l über mein Kopf haben, wenn mir die Wort aus ’m Herz aufsteig’n soll’n.“

Draußen auf der Wiesenecke stand eine alte kleine Kapelle mit dem Bilde der schmerzhaften Mutter Gottes. Dahin schritten die beiden Leute. Der alte Mann setzte sich auf einen Stein und Rosele kauerte ihm zu Füßen auf den Boden. Unten in der Ebene funkelten hier und dort dicht gesät Lichter, das war die kleine Stadt und ihre Nachbardörfer. Dunkel stiegen die Berge gegen den Nachthimmel in die Höhe, und vereinzelt sah man

  1. Heikler.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 701. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_701.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)