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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)



Blätter und Blüten.

Schloß Burg an der Wupper. (Mit Abbildung.) Wo der Eschbach, der so vielen Hammerwerken des nach ihm benannten Thals die Triebkraft seines Elementes spendet, in die hier scharf nach Nordwesten umbiegende Wupper fließt, liegt zur Hälfte im Thal und zur Hälfte auf einem waldreichen Höhenzuge das Städtchen Burg, und auf dem breiten, steil abfallenden Bergrücken hoch oben lagert sich in malerischster Weise das aus Schutt und Ruinen zu neuem Glanz erstandene Schloß Burg, die Stammburg der alten Grafen und Herzöge von Berg. Vor zehn Jahren waren hier nur die kläglichen Ruinenreste des gewaltigen Burgwerkes zu sehen, dessen Ursprung auf das 11. Jahrhundert zurückgeht. Als Graf Adolf I. seinen Sitz Altenberg dem Cistercienserorden überließ, verlegte er seine Residenz nach Burg (1133 bis 1160), das, mehrfach verändert und erweitert, auch noch ein Lieblingsaufenthalt der bergischen Grafen und Herzöge blieb, als sie um 1300 in dem neuerstandenen Düsseldorf ihren dauernden Wohnort genommen hatten. Das Andenken bedeutsamer geschichtlicher Ereignisse und manche Sage haften an dieser bergischen Landesburg. Hier saß 1288 nach der Schlacht bei Worringen (vgl. S. 507 des laufenden Jahrgangs der „Gartenlaube“.) der gefangene Erzbischof Siegfried von Westerburg in ritterlicher Haft. Im Dreißigjährigen Kriege wurde Schloß Burg, welches hessische Besatzung hatte, durch den kaiserlichen Obersten Sparr mit Kanonen und Brandkugeln zur Uebergabe gezwungen und dann 1648 bei dem Abzug der kaiserlichen Truppen zerstört. Nach der Wiederaufrichtung des deutschen Kaisertums hat der pietätvolle Sinn und werkthätige Eifer des bergischen Volksstammes in freiwilliger Arbeit die Wiederherstellung des alten großartigen Bauwerkes in Angriff genommen.

Schloß Burg an der Wupper.

Es bildete sich unter dem Vorsitz von Julius Schumacher in Wermelskirchen ein besonderer Verein zur Erhaltung der Schloßruine. Unter der Leitung des Baumeisters G. A. Fischer in Barmen, der mit feinsinnigstem und gründlichstem Verständnis bei seiner Rekonstruktion vorging, ist innerhalb dieser letzten verflossenen zehn Jahre ein Teil des Schlosses nach dem andern wieder erstanden. Nur der auf unserer Ansicht so stark hervorragende Wartturm ist noch im Bau begriffen. Die Kosten des Gesamtbaues belaufen sich auf etwa 400000 Mark. Viel ist auch bereits für die künstlerische Ausschmückung im Innern gethan worden und mehr wird noch gethan werden. Dank seiner landschaftlichen Lage und seinem historischen und künstlerischen Charakter wird das eigenartige romantische Schloß einen wichtigen Anziehungspunkt für den Fremdenverkehr bilden. H. M.     

Auf dem Anstand. (Zu dem Bilde S. 677). Wir jagten Ende Oktober im Rehberger Walde, einem unmittelbar an der Grenze der norddeutsche Tiefebene sich erhebenden Bergrücken, von dessen Höhe man in die Hannoversche Ebene mit ihren grünen Wiesen, Heiden, Mooren und Sandländereien hineinblicken kann, so weit das Auge reicht oder der dünne, die Ferne verschleiernde Dust es erlaubt. Es war Abend geworden, die Strecke gemacht, der langbebartete Jagdherr hatte sein Rehbock-, Hasen- und Fuchstod in die Dämmerung hinausgeblasen und der Jagdzug setzte sich zur Heimkehr in das nahe Städtchen in Bewegung. Wir aber schritten noch durch die Felder auf die nahe moorige Wiese, um Enten zu schießen, die um diese Jahreszeit vom Steinhuder Meer über die Wiesen und Moore nach den Feldern, Gräben und Teichen zur Aesung streichen. In kurzer Zeit erreichten wir unser Ziel. Es war Sumpfboden. Wir sanken bis an die Knöchel ein und wo man den Fuß fortzog, sammelte sich das Wasser. Wir stellten uns in langer Reihe weit auseinander ohne Deckung hin, und bald war es so dunkel geworden, daß wir den nächsten Nachbar kaum noch sehen konnten.

Ich hatte vielleicht eine Viertelstunde gestanden, da stieg weit links von mir ein kurzer, raketenartig sprühender Feuerstrom schräg aufwärts – – bum! noch einer – bum! und jetzt hörte ich vor mir in der Luft ein leises Geschnatter, das rasch vernehmlicher wurde, dann hörte ich auch das pfeifende Fitfitfit! der Schwingenschläge von heranstreichenden Enten und sah links von mir, fast in einer Linie, aber hoch, dunkle Schatten hinziehen, die sich kaum vom lichten Himmel abhoben. Rasch den Kolben an die Wange – – bum! – – alles verschwunden – – dort sind die Schatten wieder – bum! – – wupp! – Es war was gefallen, auf dem Boden aufgeschlagen – ich hatte es gehört. Jetzt knallte es öfters in der Ferne. Aber vor mir fing es an, weiß zu werden. Vom See und den nassen Wiesen kam ein Nebelstreif herangezogen und machte der Jagd ein Ende. „Luska, such verloren!“ Meine Hündin lief in die Nacht hinein und es dauerte auch nicht lange, so kam sie zurück – die Ente im Fange. K. B.     

Ein Ehrentag Hamburgs. (Zu dem Bilde S. 680 und 681). Zum Schutz ihrer Handelsflotte bauten die Hamburger im Jahre 1668 ihre ersten beiden wirklichen Kriegsschiffe, den „Kaiser Leopold I“ und das „Wappen von Hamburg“. Das Orlogschiff „Kaiser Leopold I“ unter dem Kommando des Kapitäns Jakob Karpfanger hatte die Aufgabe, die Hamburger Handelsflotten nach dem Mittelmeere und nach Grönland zu convoyieren, wie man damals den bewaffneten Schutz zur See nannte. Karpfanger räumte unter den algerischen Seeräubern tüchtig auf. Seine größte Heldenthat vollbrachte er jedoch, als zwischen Hamburg und Frankreich Zwistigkeiten ausgebrochen waren, im Kampfe mit einem französischen Kapergeschwader.

Am 11. September 1678 wurde er, als er mit der heimkehrenden Grönlandflotte in die Elbe einsegeln wollte, von fünf gut armierten französischen Schnellseglern angegriffen. Sofort warf er sich dem Feinde entgegen und manövrierte so vortrefflich, daß nach zwölfstündigem hitzigen Gefecht zwei feindliche Schiffe in Grund sanken, während die übrigen unter dem Schutze der Nacht entkamen. Hamburg jubelte dem Sieger zu.

Unser Bild zeigt das Ende des Kampfes. Die Sonne ist hinter grauen Wolken untergegangen. Kapitän Karpfanger manövriert mit seinem mächtigen Orlogschiffe „Kaiser Leopold I“ bei Backstagswind zwischen zwei feindlichen Schiffen, von denen das eine im Sinken begriffen ist und das andere in Flammen aufgeht, hindurch. Während er dem letzteren noch eine glatte Lage giebt, feuert er mit seinen Bugkanonen auf den dritten weiter zurückliegenden Kaper. Die Geschütze der Steuerbordseite sind ausgerannt, um den Gegner zu enfilieren, d. h. der Länge nach mit seinen Geschossen bestreichen zu können. Die Mannschaften der sinkenden französischen Fahrzeuge suchen sich in die Boote zu retten. Im Hintergrunde sieht man die freisegelnde Hamburger Grönlandflotte. H. B.     

Am Schluß der Saison. (Zu dem Bilde S. 689.) Es wird wahrhaftig hohe Zeit zur Heimreise! Dem schönen Sonnenschein sind wieder schlechte Tage gefolgt, mit schwarzen Wolken und endlosen Regengüssen, der erste Herbststurm hat heute nacht die welken Blätter der Bäume weggefegt, der nahe See aber überflutet in raschem Steigen bereits Ufer und Schiffstege. Wie ungemütlich! Was soll man bei solchem Wetter noch länger hier aushalten … Die Gesellschaft geht, wie in früheren schönen Tagen, den gewohnten Uferweg, aber fröstelnd und mißvergnügt. Nur einzelnen Damen ist es ja vergönnt, ein vorsorglich mitgebrachtes warmes Mantelet als elegante Neuheit an diesem letzten Tage zu zeigen und dadurch, wie die vordere Schöne unseres Bildes, in rosigste Stimmung zu geraten. Drei Tage später ist die bunte Gesellschaft verflogen und die Promenade vereinsamt. Still und verödet liegt der Ort da, bis im nächsten Sommer die Wandervögel wieder erscheinen.


Inhalt: [ Inhalt der Wochen-Nr. 41/1897 ]



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner in Stuttgart. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 692. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_692.jpg&oldid=- (Version vom 5.7.2023)